Am schönsten ist die 16 Meter lange Weihnachtskrippe beim Eindunkeln. Ab und zu gibt’s vor Ort Glühwein. Foto: Ruben Sprich
Längste Berner Krippe: Betlehem auf dem Berchtoldshof
In der Weihnachtszeit lässt sich in Bätterkinden eine 16 Meter lange, selbstgebaute Krippe bestaunen. Familie Jakob erzählt damit die Weihnachtsgeschichte seit 23 Jahren immer wieder neu.
Anouk Hiedl
Über dem Berner Mittelland bricht ein klarer Novembertag an – kein Nebel weit und breit. Dicke Wolkenberge türmen sich zuckerwattegleich am Himmel. Die Morgensonne lässt das letzte Herbstlaub in den Bäumen leuchten, und auf der Jurakette am Horizont liegt der erste Schnee.
Am untersten Zipfel des Emmentals, etwas ausserhalb des Dorfs Bätterkinden, liegt der Berchtoldshof. Hier ist Familie Jakob zu Hause. Um den Hof tummeln sich Hühner, Enten, Ponys, Zwergesel, Ziegen und Zebus – indische Buckelrinder. Für deren Fleisch und 60 verschiedene Sorten Pflanzkartoffeln ist der Familienbetrieb in der Region weitherum bekannt. Ebenso für die 16 Meter lange Weihnachtskrippe, welche Jakobs auch dieses Jahr wieder für Besuchende von nah und fern aufbauen.
Vom Kalender zur Krippe
Die Betriebsleitenden Regula und Christoph Jakob trinken mit Grosi Ruth und Grossätti Albrecht Jakob gerade den letzten Schluck Znünikaffee, bevor sich die Männer wieder auf dem Hof zu schaffen machen. Bei einer weiteren Tasse Kaffee erzählt Ruth Jakob, wie sie vor 50 Jahren angefangen habe, ihre Hofprodukte direkt zu vermarkten. «Irgendwie wollten wir unseren Kunden ‹Merci› sagen, dass sie kommen – aber wie?» Es entstand die Idee, mit Kartoffelkisten einen grossen, mehrstöckigen Adventskalender vor dem Berchtoldshof aufzubauen – mit 24 handgemachten Szenen auf je 80×120 cm.
Im Lauf des kommenden Jahrzehnts merkten Jakobs, dass die meisten Besuchenden zwischen dem 23. Dezember und 6. Januar vorbeikamen, weil sie möglichst viel vom Adventskalender offen sehen wollten. Die Familie stellte fest, dass sich mit ihren Figuren, Requisiten und gesammelten Materialien auch eine Geschichte zeigen lässt. So baute sie ihren Adventskalender um und erzählte 2001 erstmals die Weihnachtsgeschichte in drei einstöckigen Bildern.
«Die Besuchenden haben sich im Advent und nach Weihnachten besser verteilt, weil man von Anfang an alles sieht», erinnert sich Regula Jakob. Und ihre Schwiegermutter ergänzt: «Ursprünglich war das als einmalige Sache gedacht. Doch schon im August fragten die Ersten wieder danach.» Seither erzählen Jakobs die Weihnachtsgeschichte alle Jahre wieder, stets aus einer anderen Perspektive.
99 Prozent Handarbeit
Bis es jeweils so weit ist, braucht es viel Vorbereitung. Christoph Jakobs Schwestern Barbara Jordi-Jakob und Gabriela Sütterlin-Jakob denken sich jeweils eine neue Weihnachtsgeschichte aus, malen die Kulissen dafür oft schon im Sommer und stellen die Krippe Ende November zusammen auf. Die Figuren stellt Grossätti Albrecht mit Holz aus dem eigenen Wald her. Maria und Josef, Hirten und Schafe waren von Anfang an dabei, Engel, Könige und weitere Menschen seien «nadisna» dazugekommen.
In den letzten Jahren habe Albrecht auch viele Kamele, einen Hund und einen Elefanten geschnitzt, wobei nicht alle Figuren jedes Jahr «draussen» seien. Die biblische Weihnachtsgeschichte gab es auf dem Berchtoldshof auch schon zu sehen. Heuer begleitet ein Uhu die Geschehnisse bis Heiligabend. Deshalb braucht es diese Figur für die verschiedenen Szenen mehrmals. «So wächst unser Materialfundus immer weiter», sagt Regula Jakob.
Die Kleider und Kopfbedeckungen der Krippenfiguren näht Grosi Ruth Jakob alle selbst. Erfahrungsgemäss weiss sie, dass es ein Engel «nicht lange macht». Zeigen sich Witterungsspuren auf seinem weissen Kleid, tausche sie es aus. Sie trägt auch das Material für die Dekoration der Weihnachtskrippe zusammen: Steine, Moos, Watte, Stoff oder Glitzer – «ich schaue, was schon da ist, und ergänze, was wir noch brauchen.» Insgesamt sei ihre «längste Krippe des Mittellands» zu 99 Prozent handgemacht. Eine der Ausnahmen ist das Engels-«Gygeli», das Grosi Ruth auf einem Weihnachtsmarkt aufgestöbert hat.
Ruth Jakob ist der Esel mit dem eingebundenen «Scheichli» am liebsten, während Regula Jakob das Kamel mit dem «Gring» am Boden «absolut cool» findet. Als besonders schön bleiben ihnen ein gläserner See und eine üppige Marktszene in Erinnerung. «Zuletzt ergibt sich eine Harmonie im Ganzen», fasst Grosi Ruth das Teamwork der Familie zusammen.
Weihnachten leben
«Weihnachten erklärt man, indem man es lebt», sagt Grosi Ruth Jakob. «So wird es auch den Kindern wichtig. Was sie später daraus machen, ist ihnen freigestellt.» Für Regula Jakob ist Weihnachten, wenn die grosse Tanne in der Stube steht, und für die Kinder müsse das Engeli stets am genau gleichen Ort stehen. Seit 23 Jahren leuchtet so immer auch ein Stern über der grossen Krippe vor dem Hof. «Auch unsere Grosskinder finden es schön, ihn schon von Weitem zu sehen», sagt Ruth Jakob. «Dann wissen sie: Wir sind daheim.»
Die längste Krippe des Berner Mittellands
Familie Jakobs 16 Meter lange Weihnachtskrippe ist frei zugänglich, rollstuhlgängig und vom 1. Dezember bis 6. Januar täglich von 09.00 bis 21.00 geöffnet. Am schönsten ist sie beim Eindunkeln. Ab und zu gibt’s vor Ort Glühwein.
Berchtoldshof, Bernstrasse 32, 3315 Bätterkinden.
Weitere Infos: 032 665 74 04, info@berchtoldshof.ch, www.berchtoldshof.ch.