Pierre Didier Nyongo: «Ich möchte Menschen helfen!» Foto: Vera Rüttimann
«Man muss immer die Mitte finden»
Pierre Didier Nyongo Ndoua heisst der neue Kaplan in Gstaad
Pierre Didier Nyongo Ndoua heisst der neue Kaplan in der katholischen Pfarrei St. Joseph in Gstaad. Der gebürtige Kameruner geht auf an seinem neuen Wirkungsort.
von Vera Rüttimann
Pierre Didier Nyongo Ndoua steht in der Kirche St. Josef in Gstaad. Durch ein Fenster dringt ein intensiv leuchtender gelber Lichtstrahl. Er landet mitten auf seinem Gesicht. Der Kameruner schliesst die Augen. Er ist ganz bei sich. Er ist hier angekommen.
Seit wenigen Monaten ist Pierre Didier Nyongo Ndoua in der katholischen Pfarrei in Gstaad als Kaplan tätig. Er wird dereinst die Nachfolge von Pfarrer Alexander Pasalidi antreten, der die Pfarrei nach vier Jahren verlassen hat. Am Esstisch im Pfarrhaus sagt er im Gespräch: «Ich bin mit einer grossen Neugier hierhergekommen. Man muss bereit sein, neue Orte und neue Menschen kennenzulernen.»
«Priester werden»
Pierre Didier Nyongo Ndoua stammt aus dem französischen Teil von Kamerun. Er ist zusammen mit sieben Geschwistern in eine begüterte Familie in Jaunde hineingeboren. Dort wurde der Grundstein für seinen Weg als Priester gelegt. «Ich bin in eine Familie mit einem sehr tiefen katholischen Glauben hineingewachsen. Es war für mich immer eine Freude, am Sonntag mit meinen Angehörigen in die Messe zu gehen», sagt er. «Schon in meiner Jugend», schiebt er nach, «habe ich beschlossen: ich werde Priester!» Das Ziel für ihn sei immer gewesen: «Ich möchte Menschen helfen!»
Bevor Pierre Didier Nyongo Ndoua nach Gstaad kam, hat er zehn Jahre lang in Wien als Priester gearbeitet. Dort hat er auch Theologie und Psychologie studiert. In seiner Doktorarbeit hat er sich intensiv mit psychisch kranken Menschen befasst – und wie er ihnen als Priester helfen kann. Die Kirche, betont er, könne wie eine Schutzhülle wirken, «damit es Menschen wohl ergeht und sie geistig-spirituell wachsen können». Er versuche, hier ein Priester für die Menschen zu sein. Vor allem das Zuhören sei ihm wichtig.
Weit verstreute Gemeinde
Um 16 Uhr muss er los. Der nächste Termin, ein Gottesdienst an der Lenk, steht an. Die Fahrt durch die schneebedeckte Landschaft ist gerade im Winter zauberhaft. Die Spitze des Eggli wird jetzt von der Abendsonne orangerot angeleuchtet. Am Zugfenster ziehen die Holzhäuser und die hügelige Landschaft mit Skifahrern vorbei.
Die Pfarrei Gstaad besteht aus zehn kleinen Ortschaften. «Die Strecken, die ich zurücklegen muss, sind oft sehr weit», sagt Nyongo Ndoua. Er fahre nicht nur raus für Gottesdienste, sondern besuche auch Alte und Kranke auf abgelegenen Höfen. Dabei wird er unterstützt von einem Seelsorgeteam. Zum Gottesdienst in St. Josef, sagt er, komme stets ein Stamm an Leuten. Einige davon kenne er bereits. Darunter seien auch Portugies:innen und Italiener:innen. Leute mit katholischem Hintergrund, die in Gstaad in Hotels arbeiten.
Auch viele Tourist: innen ziehe es in seine Gottesdienste. Schnell habe er gemerkt, dass er «die Tugend als Mitte» betrachten müsse, wie es der Philosoph Aristoteles empfohlen hatte. «Touristen können nämlich fordernd sein.» Mal wolle einer einen Gottesdienst auf Französisch oder Englisch, mal die andere eine wöchentliche Anbetung in der Kirche. «Man muss also immer die Mitte finden», sagt Pierre Didier Nyongo Ndoua über das Navigieren zwischen Pfarrei und Gästen. Wichtig sei ihm zudem die gute ökumenische Zusammenarbeit mit den Reformierten in Gstaad.
Ein offenes Wesen
Pierre Didier Nyongo Ndoua hat ein offenes Wesen. Er lacht gern und geht auf die Leute zu. Das zahlt sich aus. «Seit ich hier bin, habe ich schon zahlreiche Einladungen von Leuten erhalten», freut er sich. Hilfreich sei, dass er sich mit den Leuten hier gut auf Deutsch unterhalten könne. Noch wichtiger sei ihm etwas anderes: «Wenn ich jemanden treffe, dann sehe ich vor mir zuerst den Menschen.» Er schätzt den Theologen Meister Eckhart: Dieser war der Ansicht, dass wir einen Geist haben, der aus Intelligenz und Vernunft bestehe. Und darin findet man in jedem Menschen auch Gott.» Pierre Didier Nyongo Ndoua fügt an: «Wenn ich jemanden treffe, dann versuche ich, das nie zu vergessen.»