Prof. Dr. Rouven Porz, Leitung Medizinethik und ärztliche Weiterbildung, Inselspital Bern. Foto: Pia Neuenschwander

«Manchmal ist Schokolade das beste Geschenk»

25.12.2021

Rouven Porz in der Weihnachtsserie «geschenkt»

 Ein Beitrag zur Weihnachtsserie «geschenkt».

Von Rouven Porz, Leitung Medizinethik und ärztliche Weiterbildung, Inselspital Bern.

Was war das beste Geschenk, das Sie je bekommen haben?
Es war ein Walkman – ein tragbarer Kassettenrekorder mit Kopfhörern. Er war mit Batterien betrieben. Es war 1983, ich war elf Jahre alt, und wenn ich die Kopfhörer aufgesetzt hatte und die Musik lief, dann hatte ich das Gefühl, alles wäre möglich. Ich war völlig losgelöst. Zumindest in meiner Phantasie. Ich denke sehr gern an diese Zeit zurück.

Gibt es ein Geschenk, dass Sie sich heute gerade wünschen?
Jetzt – heute gerade eine Zeitmaschine, um zehn Minuten wieder ins Jahr 1983 zurückzufliegen und meinen Walkman ganz kurz wieder anzuziehen. Völlig losgelöst.

Finden Sie Schenken generell schwierig?
Ich finde es sehr schwierig und tue mich persönlich sehr schwer damit. Ich habe auch noch keine gute Strategie gefunden, mir diese – an sich ja – freudige Bürde des Schenkens irgendwie zu erleichtern.

Was ist ein gutes Geschenk?
Ich glaube, Geschenke haben einen gewissen «Kairos» – also einen richtigen Zeitpunkt, der beachtet werden will. Und diesen Zeitpunkt muss der Schenkende gegenüber dem zu Beschenkenden irgendwie rausfühlen oder irgendwie rausspüren. Dann ist manchmal das kleinste Stück Schokolade schnell einmal das beste Geschenk – wenn es halt gerade hundertprozentig auf die aktuelle Situation passt.

Sind Geschenke in der reichen Schweiz ethisch vertretbar oder sollten wir alle einfach nur spenden?
Das ist eine gute Frage, denn sie weist auf einen wichtigen Punkt hin: Geschenke sollten nie mit Schuldgefühlen einhergehen, weder für die Beschenkten noch für diejenigen, die verschenken. Jetzt nur noch auf Spenden zu setzen, scheint mir aber auch übers Ziel hinausgeschossen. Ein schönes Geschenk muss keinen grossen materiellen Wert haben, egal ob wir in einem reichen oder armen Land leben. Schenken schliesst Spenden nicht aus, und umgekehrt.

* Rouven Porz ist Leiter Medizinethik und ärztliche Weiterbildung am Inselspital in Bern


Hier geht’s zur ganzen Weihnachtsserie «geschenkt».