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Maturandin: «Es interessiert mich, Glaube wissenschaftlich anzuschauen»
Fabienne Ambühl (19) aus Ostermundigen fragt in ihrer Matura-Arbeit, wie historisch die Auferstehung Jesu ist. Sie erhielt dafür den Theologiepreis der Uni Bern.
Sylvia Stam
Ihre Arbeit trägt den Titel «Der historische Jesus von Nazareth». Was fasziniert Sie an Jesus?
Fabienne Ambühl: Vor allem seine Liebe, das Revolutionäre, das er vertreten hat. Im Unterschied zum Alten Testament, wo das Einhalten von Gesetzen wichtig ist, geht es bei ihm darum, wie man mit Menschen umgeht. Er vertritt ausserdem ein sehr liebevolles Gottesbild.
Wie sind Sie zu diesem Thema gekommen?
Ambühl: Ich bin evangelisch-reformierte Christin. Als rationale Person interessiert es mich, den Glauben auch wissenschaftlich anzuschauen.
In Ihrer Arbeit fragen Sie danach, wie historisch die Auferstehung Jesu ist. Hat sich Ihre Auffassung über Jesu Auferstehung durch die Maturaarbeit verändert?
Ambühl: Mir ist bewusst geworden, dass nicht alle Aussagen in der Bibel gleich wichtig zu nehmen sind. Die Auferstehung ist jedoch der Kern des christlichen Glaubens, daran glaube ich nach wie vor. Insofern hat sich mein Glaube nicht verändert.
Obschon einer der beiden Theologen, den Sie untersuchen, die Auferstehung nicht für historisch hält?
Ambühl: Ja. Jens Schröter* schliesst das Übernatürliche von Anfang an aus seiner Untersuchung aus. Darum ist klar, dass er zum Schluss kommt, die Auferstehung sei nicht historisch. Ich schliesse das Übernatürliche nicht aus.
Obwohl Sie ein rationaler Mensch sind?
Ambühl: Es ist für mich kein Widerspruch, ein rationaler Mensch zu sein und trotzdem an etwas Grösseres zu glauben. Man kann vieles wissenschaftlich erklären, jedoch nicht alles. Dass es noch etwas Grösseres gibt, halte ich für eine gute Begründung für dieses Unerklärliche.
Schröter hält die Auferstehung Jesu nicht für historisch. Wie erklärt er die Entstehung des christlichen Glaubens?
Ambühl: Er sagt, dass das Leben von Jesus so revolutionär und einzigartig war, dass das mit dem Tod Jesu nicht zu Ende war. Für die Jünger ging etwas davon auch nach seinem Tod weiter.
Der amerikanische Theologe William L. Craig**, dessen Buch Sie unter anderem untersuchen, hält die Auferstehung Jesu hingegen für historisch. Wie kann er etwas Übernatürliches für historisch erklären?
Ambühl: Er kommt aufgrund seiner Untersuchungen zum Schluss, dass das Grab leer war und dass die Jünger Jesus nach seinem Tod noch gesehen haben. Er untersucht verschiedene Erklärungen hierfür und hält die Auferstehung für die plausibelste. Dieses Ergebnis gründet auf der Voraussetzung, dass etwas Übernatürliches, wie eben Gott, existiert. Mit diesem Thema setzt sich Craig im ersten Teil seines Buches auseinander und zeigt auf, dass es gute Argumente für die Existenz Gottes gibt. Auf dieser Grundlage erachtet er übernatürliche Ereignisse als plausibel.
Schröter hält die Auferstehung nicht für historisch, Craig hingegen schon. Wer von beiden steht Ihnen persönlich näher?
Ambühl: Craig, auch wenn ich ihm nicht überall zustimme. Er geht ebenfalls einseitig vor, denn sein Ziel ist es, den christlichen Glauben zu verteidigen.
Was haben Sie durch die Arbeit an diesem Thema gelernt?
Ambühl: Ich wurde durch die Arbeit darin bestärkt, mich mit Theologie auseinanderzusetzen. Es gibt vieles, das man nicht beweisen kann, auch die beiden Theologen können ihre Thesen nicht beweisen. Dennoch gibt es Argumente, mit denen man seine Position stützen kann.
Sie möchten Theologie studieren. Als junge Christin gehören Sie nicht zum Mainstream. Wie reagiert Ihr Umfeld auf Ihren Glauben?
Ambühl: Die meisten Leute wissen, dass ich gläubig bin, aber ein grosses Thema ist es nicht. Manche haben ein Bild von Gläubig-Sein, dass nicht der Realität entspricht. Wenn ich beispielsweise sage, dass ich christliche Musik höre, denken sie an alte Kirchenlieder oder Orgelmusik. Dabei ist die Musik, die ich höre, modern.
Wie praktizieren Sie denn Ihren Glauben?
Ambühl: Es gibt in meiner Kirche Jugendgottesdienste. Da singen wir moderne Lieder, es gibt einen altersgemässen Input, man tauscht sich aus und lebt zusammen Gemeinschaft. Ich gehe an Worship-Treffen, da sind auch ältere Leute dabei. Für mich alleine pflege ich stille Zeiten, in denen ich in der Bibel lese.
* Jens Schröter ist Professor für Exegese und Neues Testament an der evangelischen Theologischen Fakultät der Humbolt-Universität in Berlin.
** William Lane Craig ist Research Professor der Philosophie an der evangelikalen Talbot School of Theology und Professor der Philosophie an der Houston Baptist University.
In ihrer Maturaarbeit «Der historische Jesus von Nazareth – zwei Positionen» stellt Fabienne Ambühl die Frage, wie es dazu kommt, dass die Theologen Jens Schröter und William Lane Craig zu unterschiedlichen Ergebnissen über den historischen Jesus kommen. Sie stellt fest, dass «man mit unterschiedlichen Herangehensweisen und Grundüberzeugungen zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen kommen kann, welche sich gut begründen lassen.» Es handelt sich um verschiedene Ansichten darüber, inwieweit der Glaube sich rein vernünftig beziehungsweise naturwissenschaftlich erklären lassen muss.