Der Grosse Kirchenrat hat getagt und nicht nur Worte gemacht. Foto: jm
Mehr als schöne Worte
Sitzung des Grossen Kirchenrats der katholischen Kirche Bern im Zeichen der Diakonie.
Mit Legislaturzielen ist das so eine Sache. Sie sind schnell schön formuliert, aber oft schwierig umzusetzen. Nicht so im Grossen Kirchenrat der römisch-katholischen Kirche der Region Bern.
Dank aktuell guter Finanzlage setzt das Parlament mit seiner Exekutive kräftige, konkrete Zeichen. Ihr Ziel, «Die Glaubwürdigkeit der röm.-kath. Kirche Bern mit diakonischem Engagement stärken» setzen die Parlamentarier*innen zügig und konkret um. Die kirchlichen Sozialdienste bekommen mehr Geld für Menschen in Not.
Die versteckte Armut in unserer reichen Gesellschaft ist gross und für die Betroffenen erdrückend. Der Spielraum zur direkten Hilfe für Schweizer*innen und Migrant*innen wird durch die Unterstützung grösser. Sozialhilfe und Diakonie umfassen nicht nur nicht bezahlbare Krankenkassen, Zahnarztkosten und Mieten, sie fördert auch Freiwilligenarbeit, Nachbarschaftshilfe, Eigenverantwortung, Weiterbildung und Kultur.
Ein Beispiel ist die «Kultur-Legi» der Caritas Bern, kirchlich unterstützt, die es Armutsbetroffenen möglich macht, vergünstigt an Kultur- und Sportanlässen teilzunehmen. Nun setzte der Grosse Kirchenrat an seiner ordentlichen Sitzung vom 12. September in Bremgarten nochmals ein klares Zeichen. Er unterstützt mit Überzeugung den Kulturort «Heitere Fahne» am Fusse des Stadtberner Hausberges Gurten, der mit Menschen mit Beeinträchtigungen, Flüchtlingen, Schweizerinnen und Schweizern, Jungen und Alten Kultur erarbeitet, kocht und bedient, musiziert und Theater spielt.
Bei der Beratung des Geschäftes wurden kritische Fragen gestellt. Zum Beispiel die: «Ist das nun einfach ein PR-Gag, um besser dazustehen, oder entspricht dieses Engagement auch kirchlichen Werten?» GPK-Mitglied Dominique Reymond erklärte das Engagement so: «Unser Beitrag dient primär dem Kulturbetrieb und nicht dazu, administrative Kosten zu übernehmen oder Darlehen zurückzuzahlen. Hier unterstützen wir konkret Schweizer und Nichtschweizer, junge und ältere Menschen, mit oder ohne Behinderungen, ihre Freude am Leben mit anderen zu teilen, und wir fördern soziales Verständnis und friedliches Zusammensein.
Zudem leisten wir einen konkreten Beitrag am Quartierleben; wie viele Kinder – und deren Familien – sind für die dortigen Mittagstische mehr als dankbar! Das ‹miteinander an einem Tisch essen› ist für die Kinder – wie für uns übrigens auch – eine wichtige soziale Erfahrung.» Was zwischen den Worten durchklang – das gemeinsame Brotbrechen und Teilen ist eine menschliche und kirchliche Urerfahrung. Er überzeugte damit seine Ratskolleg*innen. «Heitere Fahne» bekommt den diesjährigen Kulturpreis der Stadt Bern und wird nun während zweier Jahre mit je 70 000 Franken von der katholischen Kirche mitunterstützt.
Das Parlament stimmte dem Antrag einstimmig zu. An derselben Sitzung wurde zudem die weiterführende Mitfinanzierung der Berner Rechtsberatungsstelle für Menschen in Not erhöht. Fazit: ein Legislaturziel, das mehr ist als schöne Worte. Schön.
Jürg Meienberg