Ursula Jenelten Brunner, die Präsidentin des Grossen Kirchenrates, hatte langjährige und engagierte Mitglieder des Parlaments und der Exekutive zu verabschieden. Foto: Pia Neuenschwander
Mit einem Paukenschlag
Steuersenkung und ein überraschender Rücktritt an der Sitzung des Kirchenparlamentes in Bern.
An der Sitzung des Kirchenparlamentes der röm.-kath. Gesamtkirchgemeinde Bern und Umgebung am 21. November wurden Steuersenkungen beschlossen, Fusionspläne geschmiedet, überraschende und emotionale Rücktritte verkündet.
Der Grosse Kirchenrat der röm.-kath. Gesamtkirchgemeinde Bern und Umgebung (GKR) beschloss an seiner Sitzung vom 21. November eine Reduktion des Steuersatzes um fünf Prozent. Die Planung und die Projektion bis ins Jahr 2023 würden diesen Schritt erlauben. So wurde denn auch ein ausgeglichenes Budget 2019 von 32 Millionen Franken ausgewiesen. Trotz dieser Steuersenkung soll nichts gekürzt oder gar im sozialen Bereich eingespart werden, im Gegenteil, man plant das Engagement verstärkt weiterzuführen.
Die Mitgliederzahlen seien stabil, führte die zuständige Finanzverantwortliche der Exekutive Monika Lüdy aus. Dominique Reymond, Mitglied im GKR für die Paroisse de langue française, gab in einer Stellungnahme zu bedenken, dass die Mitgliederzahlen der Kirche nur dann stabil bleiben würde und dass man nur dann eventuell auch neue Mitglieder gewinnen könne, wenn man offen und ehrlich kommuniziere.
Bauprojekte
Neben Budget, Finanzplan und Steuersenkungen behandelte der GKR ausserdem drei Baugeschäfte. Im Pfarreizentrum in St. Antonius Bümpliz wird es einen Lift geben und die Küche wird neu. Der katholische Kirchenraum im ökumenischen Zentrum Ittigen wird renoviert und in St. Mauritius Bethlehem ist das Dach endlich dicht. Die Kosten dafür waren massiv tiefer als budgetiert.
Fusion
Seit Jahren sprechen die Abgeordneten des Kirchenparlamentes über eine tatsächliche Fusion der verschiedenen Kirchgemeinden in Stadt und Region Bern. Bislang waren entsprechende Vorstösse erfolglos, obwohl mit der «Motion Kissling» aus dem Jahr 2011 ein Auftrag besteht, eine solche Fusion zu prüfen. Nun liegt der Projektantrag «Fusionsprozess» auf dem Tisch, der breit abgestützt und in fünf Phasen sehr behutsam eine mögliche Fusion vorbereiten soll. Im Jahr 2022 sollen dann alle Kirchgemeinden und die Gesamtkirchgemeinde zu einer einzigen Kirchgemeinde Region Bern fusioniert werden.
Man will intern mit allen Beteiligten und Betroffenen intensiv kommunizieren, man will Kritiker einbeziehen und man kann bei sogenannten «Meilensteinen» den Prozess auch stoppen. Der Antrag wurde einstimmig gutgeheissen. Käme es 2022 zur Fusion, so Ratsmitglied Franz X. Stadelmann, hätte die Schwangerschaft rekordverdächtige 122 Monate oder eben 11 Jahre gedauert. Als Biologe erlaube er sich diesen augenzwinkernden Vergleich.
Rücktritte und Verabschiedungen
Franz X. Stadelmann tritt Ende Jahr aus gesundheitlichen Gründen aus dem Rat zurück. GKR-Präsidentin Ursula Jenelten Brunner hatte am Ende einen wahren Abschiedsmarathon zu bewältigen. Fünf Personen hatte sie zu würdigen. Franz X. Stadelmann nutzte die Gelegenheit zu einer eindringlichen Rede. Er sei für die Zukunft der katholischen Kirche Region Bern zuversichtlich. Nicht nur, weil sie finanziell noch gut dastehe, sondern vor allem, weil in dieser Kirche viele «kompetente und engagierte Frauen und Männer da sind».
Weiter sagte er, dass er es gut verstehe, wenn immer mehr Katholikinnen und Katholiken aus der Kirche austreten würden, «solange noch weitere Missbrauchsskandale an den Tag kommen und das Pflichtzölibat besteht, je länger beispielsweise Frauen und nicht heterosexuelle Menschen nicht gleichberechtigt sind und Verhütungsmittel verboten sind.» Dann verwies er auf den Austritt der sechs prominenten Katholikinnen vor wenigen Tagen (wir haben berichtet und kommentiert), darunter die Theologin Doris Strahm oder die Co-Gründerin der «Erklärung von Bern» und ehemalige Fastenopfer-Direktorin Anne-Marie Holenstein.
«Das tut weh, zumal ich mehrere dieser Frauen seit Jahrzehnten kenne und schätze. Sie haben mit dieser Form des Austritts ihrem Ärger protestierend Ausdruck gegeben. Es gibt aber auch eine andere Form, die ich selber weiterhin, trotz aller patriarchal-maskuliner Kirchenhierarchie, verfolge: In der kath. Kirche Mitglied bleiben, nicht kapitulieren, sondern von innen heraus hartnäckig dranbleiben und einen Beitrag leisten, dass die Menschenrechte endlich auch in unserer katholischen weltumfassenden Kirche (wir alle sind die Kirche!) umgesetzt werden. Ich hoffe und bitte Euch, bleibt ebenfalls drin und dran! Unsere engagierten Frauen und Männer an der Basis in Pastoral und Diakonie verdienen unsere Unterstützung! Lassen wir sie nicht im Stich!», so Franz X. Stadelmann.
Als grosse Überraschung vermeldete Ursula Jenelten Brunner ausserdem den Rücktritt von Ignaz Caminada als Präsident des Kleinen Kirchenrates. Er war erst seit 2016 Präsident der Exekutive. Caminada ist seit Jahren in der Pfarrei und der Kirchgemeinde Köniz aktiv. Man wird mit Sicherheit künftig an anderer Stelle von ihm hören.
Emotional wurde der Abschied von Dorothée Karlen. Die Finanzfachfrau leistete seit 1977 auf der Verwaltung unermüdlich, professionell und allseits geschätzt ihren Dienst. Wir werden im «pfarrblatt» zu einem späteren Zeitpunkt auf sie zurückkommen.
Regula Hänni wurde aus der Geschäftsprüfungskommission verabschiedet, sie wird neue Kirchgemeindepräsidentin von Heiligkreuz Bremgarten.
Weiter wurde Gerda Hauck aus dem Kleinen Kirchenrat verabschiedet, eine prägende Figur über viele Jahre. Sie engagierte sich in den verschiedensten Gremien und Funktionen. Wir werden mit Gerda Hauck die Neujahrsnummer des «pfarrblatt» gestalten, mit ihr Rückschau halten und Ausblick wagen.
Andreas Krummenacher