Der Experte für das Passionspanorama in der Kirche Scherzligen: Pfarrer Markus Nägeli. Foto: Markus Hubacher

Mit Passion im Oberland

28.05.2019

Das Passionspanorama in der Kirche Scherzligen wird 550 Jahre alt. Grund genug für eine Reise ins Oberland.

Die reformierte Kirchgemeinde Thun-Strättligen begeht in diesem Jahr 550 Jahre Passionspanorama Scherzligen. Zum Jubiläum sollen Führungen und weitere Veranstaltungen das monumentale Fresko in den Fokus rücken.

von Christina Burghagen

Die Via Dolorosa (schmerzhafter Weg) ist wohl die bekannteste Strasse in Jerusalem. Sie beginnt am Löwentor und führt durch verwinkelte Gassen der Jerusalemer Altstadt bis zur Grabeskirche. Dieser Pilgerweg lässt die Besuchenden auf den Spuren Jesu wandeln und entführt in jene Zeit, als Jesus verraten, verurteilt und gekreuzigt wurde.

Insgesamt 21 Szenen weist das Passionspanorama in der Kirche Scherzligen auf, das in diesem Jahr 550 Jahre alt ist. Pfarrer Markus Nägeli hat sich über einen langen Zeitraum intensiv mit dem raumgreifenden Fresko auseinandergesetzt.
1469 bekam «Peter, Maler von Bern» den Auftrag, an der Südostwand der Kirche, in Richtung Jerusalem, ein beachtliches Passionsbild entstehen zu lassen. Erstmals in der Geschichte, so Nägeli, wurde eine möglichst realistische Darstellung des damaligen Jerusalem und der Passionsstationen verwirklicht. Zahlreiche Indizien würden darauf hindeuten, dass die Stiftung dieses Bildes vom bekannten Ritter Adrian von Bubenberg in Auftrag gegeben wurde. Bubenberg, Herr von Spiez und Strättligen, Besitzer der Schadau, Jerusalempilger, mehrmaliger Schultheiss von Bern und ein Freund von Bruder Klaus, teilte dessen Vorliebe für die Spiritualität der «Devotio moderna» (religiöse Erneuerungsbewegung innerhalb der Kirche ab dem 14. Jahrhundert). Das Wandbild soll dem Betrachtenden die Möglichkeit bieten, auch ohne Wallfahrt meditativ das Geschehen der Passion nachzuvollziehen.

Erst 1922 wurde die Wandmalerei wiederentdeckt und mehrfach restauriert. Der heutige Zustand des Passionspanoramas ist ein Abglanz vergangener Pracht. Nach der Reformation wurde ein Fenster herausgebrochen, was das Bild stark beschädigt hat. Obwohl die Farben hinter dicken Putzschichten verblassten und Teile der Darstellung unwiederbringlich verschwanden, wissen die 21 ausgemachten Szenen noch viel zu erzählen. Erwähnenswert ist beispielsweise, dass die bildhafte Chronologie nicht mit dem Tod Jesu endet.

Auf der linken Seite der Kreuzigungsszene ist das Heilige Grab abgebildet. Der auferstandene Christus steigt, von Engeln flankiert, aus dem Grab, während Soldaten, die ihn bewachen sollen, schlafen. Wer sich in das Geschehen der Passion vertieft, soll nicht in Leiden versinken, sondern sich von der Botschaft der Auferstehung gehalten wissen. Markus Nägeli hat sich intensiv mit dem Passionspanorama und mit dem denkbaren Stifter Adrian von Bubenberg auseinandergesetzt und so manche These entwickelt. Von Anfang Juni bis Ende Oktober bietet das Team der Führungsgruppe jeden Sonntag Kirchenführungen an. Fünf Termine sind im Schwerpunkt dem Panorama gewidmet. Auf Anfrage sind auch spezielle Gruppenführungen möglich.

 


Öffentliche Führungen

In der Kirche Scherzligen vom 2. Juni bis 20. Oktober, sonntags von 14.00 bis 14.45

Führungen mit Schwerpunkt Passionspanorama: 2. Juni, 7. Juli, 4. August, 1. September, 6. Oktober oder auf Anfrage

Führungen am Tag des Denkmals mit Restaurator Michael Fischer: 14. September zwischen 16.00 und 17.00 Vorträge und Konzert: 19. Oktober, 09.00 bis 19.30, Kirche Scherzligen und Schloss Schadau

Anmeldungen und Infos: 031 631 45 43, maria.lissek@theol.unibe.ch,
Programm: www.scherzligen.ch
Passionspanorama digital: www.scherzligen.ch/fileadmin/map