Feier zum Tag der Migrant:innen in Ostermundigen: Mosaik stellt sich vor. Ganz links: Angela Ferrari von der katholischen Pfarrei Guthirt. Foto: Marius Leutenegger
Mosaik: Integration und Heimat
Der Frauen- und Familientreff Mosaik in Ostermundigen ist ein Erfolg: Die katholische und die reformierte Kirche bieten Migrantinnen gemeinsam eine Plattform für Begegnungen und Integration.
Marius Leutenegger
2023 betrug der Anteil der Ausländer:innen in der Schweiz über 27 Prozent – das ist, sieht man von Luxemburg ab, der mit weitem Abstand höchste in Europa. Der EVP-Nationalrat Marc Jost aus Thun hat recht, wenn er in Ostermundigen zum «Tag der Migrant:innen» am 14. Dezember sagt: «Migration betrifft uns alle.»
Getragen wird die Feier von zahlreichen Organisationen: dem Afrika Diaspora Rat Schweiz, dem Katholischen Pastoralraum Bern und Umgebung, der Reformierten Kirche und den Behörden. Dass das Fest, an dem auch der Botschafter Kameruns teilnimmt, in der Stadtberner Vorortsgemeinde Ostermundigen stattfindet, passt.
Einerseits ist der Ausländeranteil in Ostermundigen mit 32,4 Prozent überdurchschnittlich hoch – andererseits wird in der rund 18'000 Einwohnende zählenden Gemeinde viel für die Integration der Migrant:innen aus rund 100 Nationen gemacht. Zahlreiche Vereine, Institutionen und Organisationen setzen sich für ein gelingendes Zusammenleben der Bevölkerung ein.
Mütter sind oft isoliert
Einige Organisationen stellen sich an der Feier vor. Darunter auch ein besonders geglücktes Beispiel: der Frauen- und Familientreff Mosaik. Organisiert wird er gemeinsam von der katholischen Pfarrei Guthirt und der reformierten Kirche Ostermundigen. «Entstanden ist Mosaik vor sechs Jahren», sagt Angela Ferrari, Sozialarbeiterin der Katholischen Kirche. Ziel der beiden Kirchen sei es gewesen, Migrantinnen eine Möglichkeit für Begegnungen zu bieten – und ihnen bei Fragen zur Seite zu stehen. Seither findet Mosaik jeden Mittwoch statt, alternierend als Frauen- oder Familientreff: In der einen Woche gibt es einen Kinderhütedienst, und die Frauen bleiben unter sich, in der Folgewoche sind auch die Kinder dabei.
Das Programm wird partizipativ erarbeitet, wie Angela Ferrari erzählt: «Wir machen im Sommer und im Winter eine Umfrage, was die Frauen gerne machen würden.» Das Themenspektrum ist breit: Es kann ebenso um Yoga oder Tanzen wie um sexuelle Gesundheit gehen, einmal stellen die Frauen gemeinsam eine Hautcreme her, das nächste Mal unternehmen sie mit den Kindern einen Ausflug in die Umgebung oder veranstalten ein Kerzenziehen.
Dass sich das Angebot an Frauen richtet, hat einen einfachen Grund: «Gerade Mütter sind sehr oft isoliert und bleiben den ganzen Tag mit ihren Kindern daheim», weiss Angela Ferrari. «Wir möchten ihnen eine Möglichkeit bieten, rauszukommen und in Kontakt mit Menschen in der Gemeinde zu treten.»
Ziel Spracherwerb
Das Angebot wird sehr gut genutzt. Rund 80 Frauen gehören zum weiteren Teilnehmerinnenkreis, 40 davon sind regelmässig dabei. «Jeden Woche dürfen wir etwa 20 Frauen begrüssen», sagt Angela Ferrari, die Mosaik gemeinsam mit Eveline Lehmann, soziokulturelle Animatorin der reformierten Kirche, verantwortet. Die Gruppe ist national stark gemischt, die Frauen stammen aus Nigeria, Somalia, Äthiopien, Libyen, Syrien, Iran, Irak, der Türkei, Albanien, Bosnien, Italien und Osteuropa.
Auch bezüglich Status gibt es keine Grenzen: Einige stecken im Asylverfahren, andere haben einen Schweizer Pass. Angestrebt wird, dass sich die Frauen untereinander auf Deutsch unterhalten. Schliesslich ist Integration ein wichtiges Ziel von Mosaik, und Integration hat viel mit Sprache zu tun. «Trotzdem ist die deutsche Sprache nicht Bedingung für eine Teilnahme im Treff, da wir auch wissen, dass Integration schon vor dem Spracherwerb beginnt», so Angela Ferrari, «aber es ist uns wichtig, dass sich die Gruppe gut durchmischt und nicht nur Menschen derselben Herkunft zusammensitzen.»
Viele könnten beim Erstbesuch kaum ein paar Brocken Deutsch, «nach einem Jahr beherrschen sie die Sprache aber schon recht gut». Aber das ist eigentlich nur ein willkommener Nebeneffekt: In erster Linie möchte Mosaik, dass sich die Migrantinnen in Ostermundigen wohlfühlen. Oder wie eine Teilnehmerin sagt: «Mosaik is a home away from home» – eine Heimat ausserhalb der Heimat.