Der Projektleiter Manuel Herren. Bild: zVg

Musik ohne Grenzen

30.11.2016

Seit August bietet die Knabenmusik Bern drei Musikworkshops für Asylsuchende im Raum Bern an. Ein Gespräch mit Projektleiter Manuel Herren.

Seit August bietet die Knabenmusik Bern drei Musikworkshops für Asylsuchende im Raum Bern an. Musik als völkerverbindende Sprache fördert den persönlichen und kulturellen Austausch. Über 30 Asylsuchende beteiligten sich an den Workshops. Sie stammen aus den Zentren Siloah Gümligen und Renferhaus Ziegler.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie auf der Website des Projekts

Als Abschluss der Workshops findet im Kulturcasino Bern ein Galakonzert statt.
Vorverkauf: Call-Center: 0900 441 441 (1 Franken/ Minute) BLS Reisezentren, Postfilialen mit Ticketverkauf

19.30 Samstag, 10. Dezember, Kulturcasino Bern


Gelebte Integration

Manuel Herren ist Projektleiter des musikalischen Integrationsprojektes „Musik ohne Grenzen“ der Knabenmusik Bern KMB. Er studiert an der Hochschule für Künste Bern Saxaphon mit Nebenfach Musikvermittlung. Ein Gespräch über ein aussergewöhnliches Integrationsprojekt, dass auch von den Kirchen unterstützt wird.

 „pfarrblatt“: Musikalische Workshops mit Asylsuchenden, wie kam die Knabenmusik auf diese grossartige Idee?

Manuel Herren: Wir möchten den Jugendlichen aus den Asylzentren von Bern das Erlebnis eines gemeinsamen Konzerts mit dem Jugendblasorchester und den Tambouren ermöglichen. Daraus entstand die Idee, professionell geleitete Workshops anzubieten. Unser Angebot soll auch ohne Vorbildung genutzt werden können. Mit den Sparten Gesang, Rhythmus und Tanz wollten wir möglichst alle Asylsuchenden ansprechen. Insbesondere sollen das Vermitteln von Musik und der kulturelle Austausch im Vordergrund stehen.

Gab es Widerstände in den zuständigen Gremien?

„Musik ohne Grenzen“ ist sicherlich das grösste Projekt, das die Jugendmusik KMB durchgeführt hat. Es ist daher nicht verwunderlich, dass hier zu Beginn noch einige an der Machbarkeit zweifelten. Verständlich, denn in anderen musikalischen Angeboten für Flüchtlinge stand in der Regel kein abschliessendes Konzert im Kulturcasino Bern auf dem Programm. Es setzt auch eine gewisse Verbindlichkeit der Teilnehmenden voraus.

Wie fanden Sie dann doch offene Ohren?

Das Organisationskomitee war bereit, diese Herausforderung anzunehmen. Das öffnete die Ohren. Wir konnten den KMB-Vorstand von der vielversprechenden Idee überzeugen. Auch dank der grosszügigen finanziellen Unterstützung der katholischen Gesamtkirchgemeinde Bern und der reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn konnte das Projekt in der geplanten Form umgesetzt werden.

Wie haben Sie die Asylsuchenden auf die Workshops aufmerksam gemacht?

Unsere Musikworkshops haben wir in den Asylzentren im Raum Bern ausgeschrieben. Die Leitung der Zentren ermöglichte uns auch das Vorstellen des Projekts an einem internen Hausmeeting. Diese Meetings sind für alle Bewohner obligatorisch. So konnten wir direkt mit den Asylsuchenden in Kontakt treten. Die Interessierten konnten sich dann in Listen eintragen und wurden von uns in den Zentren für unsere Workshops abgeholt.

Wie waren die Erfahrungen mit Tanz, Rhythmus und Gesang, wie klappte die Verständigung?

Die Musik als universelle Sprache eignet sich bestens für den Brückenbau zwischen den unterschiedlichen Kulturen. So liess sich auch die Sprachbarriere gut überwinden. Es war beeindruckend, wie engagiert sich einige beispielsweise in den Tanzworkshops einbrachten und die gelernten Schritte auch zu Hause motiviert übten. Auch die Rückmeldungen aus den Asylzentren sind sehr positiv. Die Asylsuchenden kommen gerne und schätzen die Abwechslung. In den Gesangsworkshops wurde in Zusammenarbeit mit den Asylsuchenden der Text des Mani Matter-Liedes „Dene wos guet geit“ so übersetzt, dass dieser auch noch mit der gleichen Melodie gesungen werden kann. Dies war natürlich eine schwierige Aufgabe, zumal den Übersetzern die richtige Aussprache und genaue Betonung der Wörter sehr wichtig war.

Sie bezeichnen die Aktion auch als Integrationsprojekt. Gelang Integration? Wie waren hier die Erfahrungen?

Jugendliche aus Afghanistan singen auf Tigrinisch, Eritreer auf Somali, Somalier auf Berndeutsch und die Bernerinnen auf Dari. Die Asylsuchenden kommen aus den Zentren raus und so ins Gespräch mit Jugendlichen aus Bern. Neben den Proben führten wir einen gemeinsamen Bowlingabend durch. Die Sprache steht in diesem Projekt nicht im Zentrum und trotzdem wurde natürlich viel Deutsch gesprochen. „Musik ohne Grenzen“ hat es geschafft, dass Jugendliche aus verschiedenen Kulturen und Realitäten in Kontakt kommen und am abschliessenden Galakonzert gemeinsam auf der Bühne stehen. In dieser Hinsicht ein Beispiel für eine gelebte Integration.

Fliesst im Galakonzert auch Musik aus den beteiligten Ländern wie Eritrea oder Somalia ein?

Dies war ein klares Ziel. In den Workshops wurde ein musikalischer Austausch angestrebt. Die Teilnehmenden wurden aufgefordert eigene Musik aus ihren Ländern einzubringen. Wir versuchen dem nun am 10. Dezember durch die Auswahl des Repertoires und eigenen Arrangements Rechnung zu tragen. Man darf sich auf ein buntes, multikulturelles Konzert freuen.

Wie war bisher das Echo auf das Projekt?

Im Umfeld der KMB ist das Projekt auf Anklang und Interesse gestossen. So haben sich auch viele Freiwillige gemeldet, die uns bei der Umsetzung unterstützen. Dank diesem grossen Engagement von KMBlern und externen Helfer konnte dieses Projekt erst realisiert werden. Jetzt hoffen wir natürlich, dass am Samstag das Kulturcasino voll besetzt sein wird.

Manuel Herren, herzlichen Dank für das Gespräch!
Interview Jürg Meienberg

 

Knabenmusik Bern
Die Knabenmusik Bern wurde 1898 gegründet und ist somit die älteste Jugendmusik im Kanton Bern. Heute besteht sie aus einem Jugendblasorchester und Tambouren und ist ein Ensemble der Musikschule Konservatorium Bern. Die rund 60 jungen MusikerInnen sind zwischen 12 und 25 Jahre alt und spielen das ganze Jahr Konzerte und an verschiedenen Anlässe, wie beispielsweise auch an der diesjährigen 1. Augustfeier der Stadt Bern.