Bruder Magnus heute und gestern: Die gleiche Leidenschaft, die er als Werbe-Spezialist an den Tag legte, lebt er seit 25 Jahren als Lehrer im Kloster Disentis. Foto: Giorgio von Arb
Muss man fromm sein, um ins Kloster zu gehen?
Er war erfolgreich als Werbegrafiker und lebte ein schnelles Leben in Bern, Frankfurt, Madrid, London oder New York. Doch mit 48 Jahren trat er ins Kloster Disentis ein. Bei den Benediktinern, wo er einst zur Schule gegangen war – Bruder Magnus.
Es gilt Klischeenüsse zu knacken. Was sind Mönche? Sie tragen Kutte und eine Frisur mit Hubschrauberlandeplatz, lächeln milde, bewegen sich lautlos auf Sandalen, duften nach Weihrauch und intonieren gregorianische Gesänge? Doch Menschen hinter den Klostermauern sind so verschieden wie die Menschen davor. Ein aufschlussreiches Beispiel liefert Bruder Magnus, der vor 25 Jahren noch Marcel Bosshard hiess und erfolgreicher Creative und Art Director in der angesehenen Agentur Young & Rubicam war. Die lila Milka-Kuh oder der Putzgeist Meister Proper sind nur zwei Beispiele seiner unbändigen Schaffenskraft. «Fromm, leider, bin ich nicht», sagt er. «Aber ich habe eine Leidenschaft für Fragen nach Mystischem, nach Religiosität bis hin zur Hirnforschung.» Als Werber sei sein Leben wie ein «Rattenrennen um nichts» gewesen. Heute ist er Lehrer und Persönlichkeitstrainer im Kloster, in dem ihm jeder Tag anders erscheint. Eine Ehe habe er erfolgreich abgeschlossen. Als sein Abt Ende der 80er-Jahre beim Vatikan anfragte, ob das ein Problem sei, wollten sie wissen, ob er kirchlich geheiratet habe. «Nein, nur zivil», gab er an. Woraufhin der Vatikan erwiderte, dann sei ja alles in schönster Ordnung. Bruder Magnus krümmte sich vor Lachen. «Die spinnen doch! Als ob der liebe Gott da oben sich um den Zivilstand derer kümmert, die ihn suchen!» Seinen Unterricht als Kunstlehrer nennt er «Schule des Sehens». «Das Wertvollste, was man einem Schüler vermitteln kann, ist die Fähigkeit zu entscheiden – möglichst frei von allen Sirenen!»
Buch-Tipp:
«Ein Buch über die Welt – Das Kloster Disentis», Fotos Giorgio von Arb, Texte Erwin Koch, Benteli Verlag 2010, Fr. 78.–