Was könnte nicht alles passieren? Gefahren in der Natur lauern überall. Doch es gilt mit Vertrauen das Wagnis einzugehen. Foto: Francesca Schellhaas, photocase

Natur erleben - von Wagnis und Vertrauen

01.02.2017

«Natur erleben» wird für viele Eltern immer mehr zu einem Wagnis. Warum das nicht sein sollte, erklärt die Jubla.

«Natur erleben» ist einer der fünf Grundsätze von Jungwacht Blau­ring. Auf den ersten Blick liest er sich wunderbar und einfach umsetzbar – denn wollen wir das nicht alle, als Erwachsene oder Kin­der, draussen sein und die Natur erleben? Im Wald, Schnee oder auf dem Wasser unterwegs sein? Kin­der und Jugendliche sollen ihre Sehnsüchte, und damit auch ihre Sehnsucht nach Natur- und Walder­lebnissen, ausleben können.  

In der Realität wird die Umsetzung des Grundsatzes aber öfters mal schwierig. Viele Eltern wittern über­all Gefahren und wollen ihre Kinder bewahren – vor Schmerzen, Wunden und blauen Flecken. Das Klettern auf Bäume, das Bauen von Baumhäu­sern, das Stauen von Bächen, das in voller Kleidung in einen Teich Sprin­gen – alles keine Dinge, die wirklich gefährlich sind – aber sie sind anar­chisch, ecken vielleicht bei den Nachbarn an und sie machen dreckig – aber glücklich. Diese Haltung be­merken alle Jugendverbände in ihrer Arbeit, und sie zeigt sich im verän­derten Freizeitverhalten der Kinder.  

Einen Menschen zu lieben heisst, ihn so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat.
Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Wie damit umgehen? Auf die «Natur zu erleben» gänzlich zu verzichten, ist keine Option. Auf Seite der Jugendverbände wird viel dafür getan, dass eine qualitativ gute (Sicherheits-)Ausbildung bei allen Leitungspersonen Standard wird. Bereits Jungleitende lernen, wie sie mit den Risiken der Natur und in der Natur umgehen und die ihnen anver­trauten Kinder angemessen beglei­ten. Eine Herausforderung ist und bleibt es, diese gute Aubildung ste­tig zu kommunizieren und unter Be­weis zu stellen.

Vertrauen statt Angst

Für alle Seiten – Eltern, Erziehungs­berechtige wie auch Leitungsperso­nen – gilt es, eine Intuition zu entwi­ckeln, wo wirklich Gefahr droht und das Kind geschützt werden muss. Denn das Gegenstück zur Angst ist nicht unbedingt der Mut oder Über­mut, sondern das Vertrauen. Das Vertrauen in die eigene Sicherheit, um loszulassen. Das Vertrauen ins Kind, dass es weiss, was es tut – oder zumindest souverän mit seinem eige­nen Tun umgehen kann. Das Vertrau­en in die Umwelt, dass sie nicht kon­stant bedrohlich ist. Und nicht zuletzt auch das Vertrauen in jugendliche Leitungspersonen im Kinder- und Ju­gendverband: Sie betreuen die ih­nen anvertrauten Kinder zwar an­ders, aber meist äusserst vertrauens­würdig. Mit geschultem Auge für die Schätze und Risiken in der Natur er­möglichen sie den Kindern, in einem anderen Rahmen Natur zu erleben.

Wagnis eingehen

Jemanden zu lieben, hat einmal ein gescheiter Herr gesagt, heisst, je­manden so zu sehen, wie Gott ihn gemeint hat. Die Natur sieht jedes Kind so, mit ihren Blüten, ihren glit­zernden Eiskristallen, ihren zum Auf­stieg verlockenden Bäumen und Ber­gen. Sie sieht uns und begrüsst uns stumm und ohne Kommentar, als mächtige und schöne Kraft des Le­bens. Vertrauen haben und das Na­turerlebnis zulassen – das Wagnis lohnt sich.

Silja Wenk, Kantonspräses Jungwacht Blauring

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