Nimmermüde für den fairen Handel

05.08.2015

Fairtrade

Franz Koster hat vor 32 Jahren den Claro-Weltladen in Grosshöchstetten mitbegründet. Auch mit 79 Jahren kämpft er gegen den «Welthunger»– und dass dem Lokal das Schicksal der aussterbenden Tante-Emma- Läden erspart bleibt.


Von Niklas Zimmermann


«Wir sind an der Bahnhofstrasse», sagt Franz Koster mit einem Augenzwinkern. Es ist nicht die berühmte Shoppingmeile in Zürich, sondern «nur» diejenige von Grosshöchstetten – dem Stolz des gebürtigen Thurgauers tut dies aber keinen Abbruch. Der inzwischen 79-Jährige ist seit der Gründung des Claro-Weltladens im Jahre 1983 dabei. Ein sehr grünes und alternatives Milieu im Dorf hielt damals die Zeit für reif, Produkte aus der sogenannten «Dritten Welt» auch in Grosshöchstetten feilzubieten.
Kerzen und geschnitzte Elefanten, Kaffeebohnen und Blütenhonig, Nachfüllshampoo und Seidenschlafsäcke – das ist nur ein kleiner Ausschnitt davon, was es in dem äusserlich eher unscheinbaren Lokal zu kaufen gibt. Die Vielfalt hat Methode, wie Franz Koster erklärt: Das Verkaufspersonal teilt sich in verschiedene Arbeitsgruppen auf, welche «autonom» für den Inhalt eines Regales verantwortlich sind. «Das funktioniert wie eine Kolchose», sagt Koster. 14 Frauen und zwei Männer arbeiten in einer flachen Hierarchie zusammen. 16 Verkaufspersonen bei einem Jahresumsatz von 150 000 Franken?
Franz Koster klärt auf und sagt, dass die Frauen und Männer in Grosshöchstetten 20 Franken pro Halbtag erhielten. Als Kleinbetrieb mit einer minimalen Differenz zwischen Einkaufs- und Verkaufspreis gebe es gar keine Möglichkeit, «normale» Löhne zu bezahlen.

Idealistisch und verkaufstüchtig
Wichtiger als jede wirtschaftliche Kennzahl ist laut Koster, dass wer im Laden einkauft, «zu 100 Prozent fair» produzierte Ware erhält. Der Idealismus stehe über allem. «Wer ein Schiff baut, braucht keine Zimmermänner, sondern Leute mit Sehnsucht nach dem Meer», bringt Koster sein Lebensmotto auf den Punkt. Er wirkt sichtlich empört, wenn er von einer «kranken Welt» spricht, in der die Armen ausgenutzt würden. «Ich will, dass die Leute in Afrika aufrecht gehen können», bringt Koster sein Engagement gegen den «Welthunger» auf den Punkt.
Idealismus alleine reiche allerdings nicht aus. Damit das Lokal in Grosshöchstetten nicht das gleiche Schicksal wie die aussterbenden Tante-Emma-Läden erleidet, müsse man zu «neuen Methoden» greifen. Darum kümmert sich Koster, der nicht mehr hinter der Ladentheke steht, persönlich. Mittels Werbung und Lobbyarbeit will er wieder mehr Leute in den Laden locken. Ein erster Erfolg ist, dass der Claro-Schriftzug auf den Trikots des Fussballklubs FC Grosshöchstetten prangt – und der Laden dafür keinen Rappen bezahlt.

Forderungen an den Bischof
Ebenso von Idealismus und Pragmatismus ist die Verbindung von Franz Koster zur katholischen Kirche geprägt. Papst Franziskus sieht er mit der neuen Enzyklika «Laudato si» als den «besten Werber» im Kampf gegen die Armut. Und selbst engagierte er sich 11 Jahre als Synodeabgeordneter der Berner Landeskirche. Auch Bischof Felix Gmür reiste schon auf die Philippinen und nach Guatemala, um ein Zeichen für die von globalen Wirtschaftsprojekten bedrohte Urbevölkerung zu setzen. Dennoch zeigt sich Koster mit dem Engagement des Basler Bischofs nicht zufrieden – und bat auch schon erfolglos um ein persönliches Treffen.
Demnächst trifft sich Koster mit einem Verantwortlichen von «Fastenopfer ». Ziel sei es, dass der Bischof eine Stelle einsetzt, die im Sinne von «Laudato si» den fairen Handel fördert. Und auch von der Kirchgemeinde in Konolfingen wünscht sich Koster, dass sie im Laden in Grosshöchstetten einkauft.

Augen auf
Von einemTante-Emma-Laden unterscheidet sich das Lokal auch, indem es – obwohl eigenständig wirtschaftend – seine Ware von einem grösseren Verbund bezieht. Die Claro Fairtrade AG hat ihre Zentrale in Orpund im Seeland und beschäftigt 61 Mitarbeitende. Im «Weltsüden » arbeite Claro ausschliesslich mit Kleinbauern- Kooperativen zusammen, sagt Claro- Sprecherin Cindy Aebischer. Die 200 Kooperativen könnten alleine schon wegen der Menge nicht an die Grossverteiler liefern.
Das ist der Hauptunterschied zu Max Havelaar- Produkten, die es in jeder Migros- und Coop- Filiale zu kaufen gibt. Max Havelaar ist auch für Franz Koster eine zweischneidige Sache: Er freue sich sehr, wenn sich die Gedanken der Fairness und der Nachhaltigkeit bei den Konsumentinnen und Konsumenten durchsetzen. Andererseits, so gibt Koster zu bedenken, stammten immer mehr Max-Havelaar-Produkte nur noch zumTeil aus fairen Produktionsbedingungen.