Die Marienkirche im Berner Breitenrainquartier wird nun doch nicht als einzige Kirche für sämtliche Gottesdienste genutzt. Foto: Andrea Huwyler
Ökumene trotz allem
Keine Absage an die Vision
Eine einzige gemeinsam genutzte Kirche für Katholik:innen und Reformierte sollte es im Berner Nordquartier geben. Daraus wird nun nichts. Doch die ökumenische Idee lebt weiter.
Vor drei Jahren wurde die Idee der Ökumene im Berner Nordquartier als bahnbrechend gefeiert. Der Plan war, dass sich drei Kirchgemeinden, zwei reformierte und eine katholische, ein Gotteshaus ökumenisch teilen. In der katholischen Marienkirche hätten sämtliche Gottesdienste stattfinden sollen, der Gebäudekomplex Markus wäre zu einem Quartierzentrum umfunktioniert worden und für die Räumlichkeiten der Kirche Johannes wurde über eine Art Stadtkloster nachgedacht. Doch das Projekt wird nun nicht umgesetzt. Auch weiterhin sollen Gottesdienste an zwei Standorten stattfinden: die Katholik:innen feiern in der Marienkirche, die Reformierten in der Markuskirche, die vollumfänglich neugestaltet werden soll, und ökumenische Gottesdienste wird es an beiden Standorten geben. Die Zukunft der Johanneskirche ist nach wie vor offen.
Von einem Scheitern der Ökumene Bern-Nord will Marco Ryter, Mitinitiant und Präsident der Kirchgemeinde Johannes allerdings nichts wissen. «Für uns war immer klar, dass es Knackpunkte geben wird, und dass wir nicht einfach so die Reformation rückgängig machen können», betont er. Für ihn ist der Entscheid, das Projekt mit zwei Kirchen weiter zu verfolgen, keine Absage an die Vision. «Die Ökumene im Quartier ist lebendiger denn je. Das Projekt ist auf sehr gutem Weg. Auch wenn kürzlich in der Berner Tagespresse das Gegenteil behauptet wurde.»
Gelebte Ökumene
Auch André Flury, seit einem Jahr Gemeindeleiter der Katholischen Marienkirche, betont: Man habe in der Umsetzung der gemeinsamen Visionen vorwärts gemacht. «Jeden ersten Sonntag im Monat findet ein gemeinsamer ökumenischer Gottesdienst statt. Hinzu kommen eine Vielzahl von ökumenischen Veranstaltungen unter der Woche sowie die Mehrzahl der Festgottesdienste. Und die Fachgruppe Liturgie und Musik plant zudem ein wöchentliches ökumenisches Angebot.»
Dabei gehe es nicht nur um den Sonntagmorgengottesdienst, so Flury. «Mit neuen Formen der Spiritualität wollen wir auch Menschen ansprechen, die nicht in einen «klassischen» Sonntagsgottesdienst kommen.» Schon im Mai würden sie ein offenes Angebot zu «Musik, Poesie und Kunst» am Sonntagabend starten.
Entscheid für «Ökumene light»?
Doch warum kommt es nach vier Jahren intensiver Projektarbeit schlussendlich zu einer Art «Ökumene light»? «Niemand will eine Ökumene light», meint Bernd Berger, Vizepräsident des Kirchgemeinderates Markus. «Vielmehr war es ein klarer Entscheid für die Chance, mit zwei Standorten ökumenisch unterwegs zu sein.» Es entstünden ökumenische Fachgruppen für Unterricht, soziale Arbeit, Kinder-, Jugend- und Familienarbeit, Liturgie und Musik. «Diese konkrete gemeinsame Arbeit an der Basis ist viel entscheidender als ein einziger Standort.» Nun hätten sie gemeinsam zwei Standorte mit unterschiedlichem Profil – mit unterschiedlichen Eigentümern, aber für die gemeinsame Nutzung, erklärt Berger. «Unser Verständnis der Ökumene ist die Einheit in Vielfalt und das gemeinsame Zeugnis, das gemeinsame Handeln zum Wohl der Menschen im Quartier.
Erstpublikation im «reformiert.», 21.2.22