Den Glauben teilen, gute Gespräche führen und Freundschaften knüpfen, das sind für Sarah von Arx (ganz rechts) Highlights am Weltjugendtag. Foto: zVg

«Offen sein für Gottes Wirken»

07.08.2023

Eine Bernerin am Weltjugendtag in Lissabon

Sarah von Arx (21) aus Lyssach nahm im August am internationalen Weltjugendtag in Lissabon teil. Das «pfarrblatt» hat am Tag vor dem Papstempfang mit der PH-Studentin gesprochen.

Interview: Sylvia Stam

Wie ist die Stimmung momentan in Lissabon, am Nachmittag vor dem Papstempfang?

Es ist viel los und man spürt eine grosse Freude. Man braucht allerdings auch viel Geduld, weil so viele Leute da sind.

Sie waren bereits auf der Vorreise dabei, die nach Lourdes und Santiago de Compostela führte. Was waren bis jetzt Highlights für Sie?

Die Gemeinschaft, die ich erlebe: Es ist etwas Besonderes, mit so vielen Menschen zusammen zu sein, die im Glauben unterwegs sind. Den Glauben zu teilen und zu pflegen, gute Gespräche zu führen und Freundschaften zu knüpfen.

Gab es ein besonders schönes Erlebnis?

Ein Highlight-Tag für mich war, als wir in einem Kloster im Norden Spaniens helfen durften. Wir haben am Vormittag Fenster gestrichen, Holz gestapelt, im Garten geholfen. Am Nachmittag konnte man entweder ans Meer, zum Baden oder Surfen, oder die Stadt Santander besichtigen. Ich bin surfen gegangen. Am Abend haben wir draussen auf einem kleinen Felsvorsprung Messe gefeiert. Rund um war das Meer, die Sonne ging gerade unter. Das war so eine tolle Stimmung da oben, das war unbeschreiblich!

Inzwischen findet die Hauptwoche in Lissabon statt. Wie sieht ein Tag in dieser Woche aus?

Heute Morgen hatten wir mit der Deutschschweizer Gruppe das Morgengebet, es folgten Katechese und ein Zeugnis, dazwischen Lobpreis-Zeiten. Anschliessend haben wir Messe gefeiert.

Was sind Katechese und Zeugnisse?

Bei der Katechese gab Jugendbischof Alain de Raemy einen Impuls zu einem Bibelvers und zeigte anhand von Beispielen, wie man das auf sein eigenes Leben anwenden kann. Beim Zeugnis erzählt jemand, wie er oder sie Gott in seinem oder ihrem Leben erfahren durfte. Heute hat ein junger Mann erzählt, wie er das Oasis-Jahr erlebt hat. Das ist ein christliches Orientierungsjahr in Zug. Er erzählte, wie er dort von Gott begleitet seinen Lebensweg gehen durfte. Meistens gibt es ein Tagesthema, zu dem der Impuls der Katechese und das Zeugnis passen.

Wie sieht der weitere Tag aus?

Nach der Messe haben wir freies Programm. In der Stadt gibt es sehr viele Angebote: Workshops, Konzerte, Theaterstücke, in der Regel mit religiösem Inhalt. In verschiedenen Kirchen spielen Lobpreis-Bands, es gibt eucharistische Anbetung. Heute Abend ist der Papstempfang, am Wochenende ist die grosse Feier mit dem Papst zusammen.

Im Vorfeld war unsicher, ob der Papst würde kommen können. Ist es für Sie wichtig, dass er da ist?

Ja, ich finde es schön, dass wir  unseren katholischen Glauben mit unserem Oberhaupt feiern können. Zudem wurden die Treffen von ihm initiiert und er hat uns alle hierher eingeladen. Es wird sicher sehr eindrücklich, aber ich wäre auch gegangen, wenn er nicht gekommen wäre.

Missbrauchsbetroffene haben am WJT mit einem Transparent darauf hingewiesen, dass es in der katholischen Kirche Portugal über 4000 Übergriffe gab, wie ein Bericht im Februar an den Tag legte. Haben Sie das Transparent gesehen?

Ich habe es nicht gesehen, aber davon gehört. Ich finde es wichtig, dass man das anspricht. Missbrauch hat es gegeben und gibt es vielleicht immer noch.  Es ist schwierig, damit umzugehen, aber es ist wichtig, dass das Bewusstsein dafür gestärkt wird.

Was nehmen Sie mit, wenn Sie wieder nach Hause gehen?

Dass ich offen sein darf für Gottes Wirken. Auch wenn vielleicht nicht immer alles nach Plan verläuft, findet Gott immer einen Weg, um uns etwas Schönes aufzuzeigen. Dieses Vertrauen wurde gestärkt. Hier war das Programm nicht immer ganz klar, wir  mussten uns manchmal überraschen lassen. Dabei erlebt man plötzlich, wie Gott uns begleitet und wie wir uns von ihm getragen fühlen dürfen.

Inwiefern ist so ein Grossevent für Ihr persönliches Glaubensleben wichtig?

Ich brauche den Grossevent nicht unbedingt. Aber es ist schön zu sehen, wie viele andere junge Menschen auch an Jesus glauben und diesen Glauben teilen, Zeit zu haben für Gott und sich gezielt mit den Fragen zu beschäftigen, die wir uns hier gestellt haben.

Es gibt Kritik,  ein solcher Grossevent sei nicht nachhaltig und schlage sich nicht  im Pfarreileben nieder. Was sagen Sie dazu?

Ich sehe das Argument, teile es aber nicht. Wenn so viele Leute in der Messe sind, bin ich persönlich nicht immer gleich tief ins Gebet gekommen, weil der Altar weit weg und die Ablenkung grösser ist. Aber man bekommt einen neuen Aufschwung und geht gestärkt nach Hause, so dass man nachher auch etwas anpackt oder sich einsetzt, wo man ist. Ich werde mich in den Jugendgruppen, in welchen ich bereits aktiv bin, weiterhin engagieren.

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Sarah von Arx schildert nachträglich ihren Eindruck vom Papstbesuch:

Obwohl ich den Papst nur von Weitem gesehen habe, war es trotzdem sehr bereichernd. Besonders gefallen hat mir die Predigt bei der Heiligen Messe am Sonntagmorgen. Auch freute es mich, dass der «Papa» einen so lebendigen und aufgestellten Eindruck machte. 

 

Der internationale Weltjugendtag in Lissabon dauerte vom 29. Juli bis 8. August. Gemäss Angaben des Schweizer Komitees nahmen am Abschlusswochenende mit Papst Franziskus 1,5 Millionen Menschen teil. Aus der Schweiz waren 1200 Personen angereist, davon 400 aus der Deutschschweiz. Für diese gingen zwei Programmwochen in Spanien und Portugal der Hauptwoche in Lissabon voran.