Gruppenbild der gerade anwesenden Chormitglieder im Hof des Berner Generationenhauses. Foto: Vera Rüttimann

Persisch, Kurdisch und Schweizerdeutsch singen

Jeweils am Dienstagabend sind aus der Kollektivunterkunft in Worb besondere Töne zu hören. Dann nämlich übt der Interkulturelle Chor mit Menschen aus der Region und Geflüchteten. Singen verbindet.

 

Vera Rüttimann

Gesungen wird auf Persisch, Kurdisch und Arabisch. Auch Schweizerdeutsch und viele weitere Sprachen sind zu hören. Einige der Chormitglieder haben schon als Kinder zur Trommel oder Gitarre gesungen. Andere haben sich noch nie selbst singen gehört. Was sie aber eint: Das gemeinsame Singen und Tanzen.

Der interkulturelle Chor ist vor rund einem Jahr in der Kollektivunterkunft für Geflüchtete des Schweizerischen Roten Kreuzes Kanton Bern entstanden. Die Chormitglieder der Kollektivunterkunft haben alle einen Fluchthintergrund, manche sind erst seit wenigen Monaten in der Schweiz.

Unter denen, die sich jeden Dienstag in einem Raum der ehemaligen Filzfabrik in Worb treffen, ist auch David. Ihm sind sie schon immer aufgefallen, die Männer und Frauen aus der Kollektivunterkunft und dem benachbarten Rückkehrzentrum. Als anonyme Masse, wie er sagt. «Es hat mich gestört, dass ich zu diesen Menschen keinen Kontakt aufbauen konnte», sagt er. Seit er im Interkulturellen Chor Worb singt, hat er diesen Kontakt.

Neue Lieder lernen

Payiz ist einer der wenigen, die den Chor auch instrumental begleiten. «Ich habe sofort Zugang zum Chor gefunden, weil ich schon als Kind Balaman, ein kurdisches Saiteninstrument, gespielt habe», sagt er. Hier im Chor spielt er auch Gitarre.

Feyza freut sich jedes Mal auf neue Lieder. Seit neun Monaten ist die Türkin in der Schweiz. Beim Singen fühlt sie sich nicht allein. «Ich finde es schön, dass wir anders sind», sagt sie. Mit «anders» meint sie: Menschen aus verschiedenen Ländern der Welt aus unterschiedlichen Kulturen singen hier gemeinsam ihre traditionellen Lieder.

Die Lieder bringt zum einen Selina Maria Batliner als Leiterin und Dirigentin des Interkulturellen Chors Worb mit. Zum anderen können auch die Mitglieder Lieder mitbringen. «Ich lerne diese Stücke und gebe sie dann an die Gruppe weiter», so die Chorleiterin.

Olivia aus Worb ist von Beginn an dabei. «Ich wollte hier unbedingt mitmachen», sagt die Studentin. «In diesem Chor», sagt sie lachend, «passieren immer unerwartete Dinge. Hier kommen – im Unterschied zu anderen Chören – Menschen aus unterschiedlichsten Kulturen zusammen.»


«Kraft und Ermutigung»

Jedes Chormitglied hat seine eigene Motivation, sich zu engagieren. Viele dürften die Worte von Winnifred unterstreichen. Die Uganderin lebt seit acht Monaten in der Schweiz und hat in diesem Chor bereits so etwas wie ein Zuhause gefunden. Zudem, sagt sie, «gibt mir das Singen und Tanzen in diesem Chor Kraft und Ermutigung».

Ein Chor kann ein wichtiger Lernort sein. So auch für Winnifred: «Durch das Singen von Liedern, die ich vorher nicht kannte, bekomme ich einen inneren Zugang zu anderen Kulturen und ihren Sprachen».

Für David ist es wichtig, dass sie im Chor gemeinsam aktiv sind: «Wir müssen nicht miteinander reden und uns unsere Geschichten erzählen. Wir arbeiten zusammen, das verbindet uns auch als Gruppe.»

Hinweis: 29. 9., 15.00, Abschlusspräsentation eines interkulturellen Begegnungswochenendes des Vereins Musikvermittlung Schweiz mit Theater und Gesang. Musikschule Bantiger in Bolligen.