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Pilgernd unterwegs sein
Aki-Kolumne von Marco Schmidhalter
Beim Gedanken an das Pilgern auf dem Jakobsweg dachte ich immer sofort an das Ziel: an Santiago de Compostela in Spanien. Über mehrere Tage, ja gar Wochen, wird dem Jakobsweg entlanggelaufen, um am Schluss in der Kathedrale dort einzutreffen; dieses Gefühl muss überwältigend sein. Die Thematik des Pilgerns hat mich schon immer sehr fasziniert, jedoch ist das Pilgern nicht nur die Reise von A nach B.
«Der Weg ist das Ziel», wie Konfuzius schon Jahrhunderte vor Christus sagte. Meiner Ansicht nach ist es jedoch nicht der «Weg» an sich, sondern die Erfahrungen, welche man auf dem Weg sammelt. Auf der Wanderung entlang des Lebenswegs häufen sich Erfahrungen, und diese machen einen Menschen zu dem, was er ist. Genauso verhält es sich auf einer Pilgerreise. Die gemachten Erfahrungen prägen die Pilger*innen und sorgen für eine Entwicklung bei ihnen selber. Bei der Wanderung durch die Natur entgeht niemand der Selbstreflexion. Wer allein wandert, kommt nicht vorbei an einer Auseinandersetzung mit sich selbst. Diese Auseinandersetzung betrachte ich als einen weiteren Weg, den «Weg zu sich selbst». Was und wer ist mir in meinem Leben wichtig? Diese Frage lässt sich nur beantworten, wenn man sich selber gut kennt.
Covid-19 bewirkte meines Erachtens auf irgendeine Weise etwas sehr Ähnliches wie eine Pilgerreise: die Auseinandersetzung mit sich selbst. Während des Lockdown verbrachten die Menschen mehr Zeit zu Hause und unternahmen während der Freizeit weniger. Für mich persönlich bewirkte dies, dass ich die kleinen Dinge wieder mehr zu schätzen lernte. Schnell erkannte ich, welche Menschen mir wichtig sind. Klar hatte die Corona-Krise fatale Folgen für viele Menschen und für die Wirtschaft. Dennoch ist es wichtig, was wir als Menschen aus dieser Krise mitnehmen. Sind es die negativen Dinge, oder sind es die positiven Erfahrungen? Ich für mich betrachte dies als Chance für die Menschheit, sich auf das Wichtige und Essenzielle im Leben zu besinnen und an Krisen zu wachsen, anstatt sich negativ beeinflussen zu lassen.
Im Herbst widmen wir im aki einen Tag dem Pilgern. Von Fribourg sind wir auf dem Jakobsweg unterwegs nach Hauterive. Bei dieser Gelegenheit diskutieren wir auch darüber, was Pilgern ist und warum Menschen pilgern.
Marco Schmidhalter