RKZ gibt grünes Licht: Missbrauchs-Anlaufstelle steht Anfang 2025

In einer ausserordentlichen Sitzung hat die RKZ die letzten Hürden aus dem Weg geräumt und die nötigen Gelder bewilligt. Die Kooperation mit der kantonalen Opferhilfe wird im Januar 2025 beginnen. "Die Kirche hält Wort", sagt Betroffenenvertreterin Vreni Peterer.

 

Annalena Müller

«Ich freue mich sehr, dass wir eine Lösung gefunden haben, die uns weiterbringt», sagt RKZ-Generalsekretär Urs Brosi am Freitag gegenüber dem «pfarrblatt». Der Dachverband der Landeskirchen hat allen Grund zur Freude. Knapp ein Jahr nach Veröffentlichung der Pilotstudie zum Missbrauch im kirchlichen Umfeld liefert die Schweizer Kirche die erste der versprochenen Massnahmen: professionelle und unabhängige Anlaufstellen für Missbrauchsbetroffene.

Keine kirchliche Parallelstruktur

Die katholische Kirche dockt hierbei bei den bestehenden staatlichen Strukturen der kantonalen Opferhilfe an. Diese Möglichkeit wurde seit dem Frühjahr diskutiert. Um Details wurde dabei hinter den Kulissen lange gerungen.

Die Schweizer Bischofskonferenz (SBK) und die Konferenz der kantonalen Sozialdirektorinnen und Sozialdirektoren der Schweiz (SODK) hatten ihre Zustimmung zur Zusammenarbeit bereits im Juni 2024 erteilt.

In einer ausserordentlichen Versammlung am 4. September folgte nun auch das «Ja» der Römisch-Katholische Zentralkonferenz (RKZ), welche die Massnahme finanziert. In einer internen Mitteilung der RKZ heisst es: «Die katholische Kirche wird ab 2025 für die Beratung missbrauchsbetroffener Personen auf die von den Kantonen anerkannten Beratungsstellen für die Opferhilfe verweisen.»

Kirche finanziert Mehraufwand

Die staatliche Opferhilfe existiert seit dem Inkrafttreten des Opferhilfegesetzes (OHG) 1993. Seither hat jede Person Anspruch auf Unterstützung, die in der Schweiz durch eine Straftat in ihrer körperlichen, psychischen oder sexuellen Integrität beeinträchtigt worden ist. Diese Unterstützung umfasst Beratung und Soforthilfe. Aber auch Kostenbeiträge für längerfristige Unterstützung zum Beispiel für medizinische, psychologische, soziale, materielle und juristische Hilfe.

Bereits heute haben Missbrauchsbetroffene aus dem kirchlichen Umfeld also Zugang zu den kantonalen Anlaufstellen. Doch den staatlichen Stellen mangelt es oft an kirchenspezifischem Wissen um Milieu, spirituelle Macht und Kirchenrecht. Auch fehlt Personal, das die Bearbeitung der Mehrfälle sicherstellen kann.

Fallpauschale und Informationsstelle

Hier setzt die Finanzierung der RKZ an. Der Dachverband der Landeskirchen wird einerseits eine Fallpauschale an die jeweilige Opferhilfe zahlen, um den Mehraufwand zu entschädigen. Ausserdem werden RKZ, SBK und der Dachverband der Ordensgemeinschaften (KOVOS) eine Informationsstelle schaffen, welche den Opferberatungsstellen mit ihrem kirchlichen Fachwissen zur Verfügung steht.

Vreni Peterer, Präsidentin der Betroffenenorganisation IG MikU, begrüsst die Entwicklung ausdrücklich. Gegenüber dem «pfarrblatt» sagt sie: «Ich bin sehr froh über diesen Entscheid. Eine Anlaufstelle in Kooperation mit der Opferhilfe deckt sich mit unseren Forderungen nach Unabhängigkeit. Mit diesem Entscheid der RKZ sind wir einen wichtigen Schritt weiter. Wenn das Ganze im Januar 2025 beginnt, hat die Kirche Wort gehalten!»