Isabelle Gross ist jenisch und bezeichnet sich als Matriarchin: sie hat gerne alles im Griff, Familie und Geschäft © Frenetic Films

Ruäch – Eine Reise ins jenische Europa

24.08.2023

Dokumentarfilm, ab 31. August im Kino

«Du weisst, warum der Igel das Symboltier der Jenischen ist?» Der angesprochene Filmemacher vermutet, es gehe um den Schutz vor äusseren Einflüssen, wird aber sogleich korrigiert: «Der Igel ist ein Kulturgänger. Er holt sich, wenn es sein muss, seine Nahrung auch in den Städten.»

Und tatsächlich zeigt der Dokumentarfilm «Ruäch» einerseits, wie anpassungsfähig die Jenischen bis heute sein müssen, wenn sie in der Normgesellschaft überleben wollen. Andererseits wird klar, weshalb Jenische einen Stachelpanzer brauchen – ihre Lebensart stiess seit jeher auf wenig Verständnis.

Heute sind viele sesshaft geworden und haben ihre reisende Lebensweise abgelegt. Manche kennen nur noch Versatzstücke ihrer Sprache, des Jenischen. Dieses faszinierende Idiom, das die Zugehörigen von den «Ruächen», den Nicht-Jenischen abgrenzt, ist in der Schweiz seit 1997 als «territorial nicht gebundene Sprache» geschützt. Vielleicht ein Versuch zur Wiedergutmachung? Schliesslich litten die Jenischen – wie andere nicht sesshafte Kulturen in Europa – jahrhundertelang unter Verfolgung, Ausgrenzung und Kriminalisierung.

Davon erzählen auch die Protagonisten des Films, die aus der Schweiz, Frankreich und Österreich stammen. Ihre Geschichten und der Einblick in ihre Lebenswelt zeigen, wie facettenreich die jenische Kultur ist. «Ruäch» von Andreas Müller, Simon Guy Fässler und Marcel Bächtiger ist eine packende Reise in eine unbekannte Welt, die viel zu lange ein Schattendasein hat fristen müssen.

Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp

«Ruäch» Schweiz 2022;
Regie: Andreas Müller, Simon Guy Fässler und Marcel Bächtiger;
Protagonist:innen: Manuel Duda, Isabelle Gross, Lisbeth Sablonier;
Verleih: Frenetic

Ab 31. August im Kino.