Versammlung der Sakristan:innen in Ostermundigen. Foto: Ruben Sprich
Sakristan:innen wollen mehr Wertschätzung
Delegiertenversammlung in Ostermundigen
Sie sind mehr als bloss Facility-Manager der Kirchen. Sakristan:innen kümmern sich um ein breites Aufgabenspektrum, das von der Pflege liturgischer Gewänder bis zur Bedienung technischer Anlagen reicht. An der Delegiertenversammlung der Schweizerischen Sakristanenvereininung in Ostermundigen war Unmut über die mangelnde Wertschätzung spürbar.
von Antonio Suárez
Sakristan:innen haben sowohl im liturgischen wie auch im Gotteshaus- und Pfarreidienst zahlreiche Aufgaben zu erfüllen. So bereiten sie etwa den Kirchenraum für die Gottesdienste vor, leiten Wortgottesdienste und Andachten oder beaufsichtigen die Ministrant:innen. In manchen Kirchgemeinden muss zudem das Pfarreizentrum werterhaltend gepflegt, Sekretariatsarbeiten erledigt oder die Katechese unterrichtet werden. Ausserdem müssen Sakristaninnen und Sakristane die Kirche und Umgebung reinigen, die Liturgiegegenstände pflegen und die technischen Anlagen warten.
«Der Sakristan ist bei Hochzeiten und Gottesdiensten dabei, kümmert sich um die Glocken, mäht den Rasen und sorgt für den Blumenschmuck. Auch die Elektronik muss er bedienen und die Kirchenwäsche reinigen. Ausserdem pflegt er Kunstgegenstände, Kelche oder den Goldschmuck», umreisst Benno Müller, Zentralpräsident des Schweizerischen Sakristanenverbands (siehe Kasten), das grosse Aufgabenspektrum des Berufs, der seit 1973 als kirchliches Dienstamt in der Schweiz anerkannt ist. Im Unterschied zum Hausmeister, der ein Berufsdiplom an der Gewerbeschule erlangt, kann ein angehender Sakristan einzig die Sakristanenschule in Einsiedeln besuchen, wo er einen kirchlichen Fähigkeitsausweis erhält.
Lange Sorgenliste
Verbandspräsident Müller hat den Beruf 15 Jahre lang ausgeübt. Was ihm am meisten Freude bereitete, war das Feiern des Gottesdienstes mit der Kirchgemeinde. Die Nähe zu den Mitmenschen, die Vielfalt des Kirchenlebens, aber auch der Ministrantendienst bedeuten ihm viel. Und ein ganz besonderes Faible entwickelte er für den Blumenschmuck. «Darum kümmerte ich mich ausserordentlich gerne», sagt er.
Als Interessenvertreter seines Berufsstands weiss er aber auch um die Nöte und Sorgen, die seine Kolleg:innen umtreiben. Und die Liste ist lang: So würden immer mehr Pastoralräume zusammengelegt und Pensen gestrichen, klagt er. «Heutzutage ist es so, dass ein Mesmer oder Sakristan vieles leisten muss, was vorher nicht zu seinen Aufgaben gehörte. So müssen viele Sakristane heute mehr Kirchen betreuen als früher, weshalb sie mit viel weniger Zeit auskommen müssen.»
Flexibilität gefordert
Die Zusammenlegung und Umstrukturierung zahlreicher Pastoralräume sei ein Negativtrend, der stetig zugenommen habe, sorgt sich Müller. Grund dafür sei der «allgemeine Priestermangel». «Manchmal werden vier oder sogar fünf Kirchen nur einem Pfarrer zugewiesen. Und so kann es vorkommen, dass nur noch alle vierzehn Tage ein Gottesdienst stattfindet. In vielen Ortschaften müssen deshalb Aushilfspfarrer einspringen.» Dies bewirke, so Müller weiter, dass die Sakristan:innen nicht nur mehr Arbeit zu bewältigen hätten, sondern auch mehr Flexibilität von ihnen abverlangt werde, weil sie sich auf verschiedene Pfarrer gleichzeitig einstellen müssten.
Der oberste Interessenvertreter der Sakristane gibt in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass sein Verband «nicht als Gewerkschaft auftreten» könne, weil in jeder Landeskirche unterschiedliche Verträge gälten. Jeder Kanton habe andere Vorschriften. Deshalb sei es sehr schwierig, einen «nationalen Gesamtarbeitsvertrag» auszuhandeln.
Gewinnstreben
Die Wurzel des Übels sieht Müller im Gewinnstreben der Kirchenverwaltungen: «Viele Verwaltungen denken nur noch an den Profit. Und so wird meist beim schwächsten Glied gestrichen. Und wer ist das kleinste Rädchen im Getriebe? Der Sakristan!» Von oben werde Druck ausgeübt, damit man schneller arbeite, kritisiert er. «Zwar wurde früher mehr Freiwilligenarbeit geleistet als heute. Trotzdem ist die Wertschätzung gegenüber früher zurückgegangen. Die Kirchenoberen nehmen uns zwar zur Kenntnis. Aber kaum einmal wird uns für unsere Arbeit gedankt.» Auch die Pfarrer sieht Müller in der Pflicht. Denn sie könnten die Sakristane gegenüber der Kirchenleitung besser vertreten.
Innerhalb des Verbands wird die «mangelnde Wertschätzung» weitum als Problem wahrgenommen. Gottvertrauen allein wird womöglich nicht ausreichen, damit sich dies ändert. Dennoch hofft Benno Müller, dass bald wieder Ruhe einkehrt und sich die Dinge unter der Führung seines Nachfolgers wieder zum Besseren wenden.
Letzte Delegiertenversammlung für Benno Müller
An der diesjährigen Delegiertenversammlung des Schweizerischen Sakristanenverbands vom 19. September in Ostermundigen kündigte der Zentralpräsident Benno Müller seinen vorzeitigen Rücktritt auf die nächste Versammlung an. Aufgrund seiner kürzlich erfolgten Pensionierung soll gemäss Verbandsstatuten eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger gewählt werden, die/der im Arbeitsleben steht.
Müller bekleidet das Amt seit 2015. Während 15 Jahren übte er den Sakristanenberuf in der thurgauischen Kirchgemeinde Kreuzlingen-Emmishofen im Vollamt aus, wovon zwölf Jahre an der Klosterkirche St. Ulrich. Seine berufliche Laufbahn hatte er mit einer Hafnerlehre begonnen, bevor er sich zum Plattenleger ausbilden liess. Seine längste berufliche Station war mit über 28 Jahren eine Anstellung bei der Grenzwacht.
Zum Sakristan wurde Müller schliesslich 2008, nachdem er seiner Ehefrau, die als Aushilfssakristanin arbeitete, von Zeit zu Zeit assistiert hatte. Der Kirchenpfleger empfahl ihm dann eine freiwerdende Stelle, worauf er sich meldete. Mit der Arbeit als Sakristan wandelte er sich «sozusagen vom Saulus zum Paulus», wie Müller es ausdrückt, der nach eigenen Angaben katholisch erzogen wurde.
Die Delegiertenversammlung des Schweizerischen Sakristanenverbands begann mit einer Rede des Ostermundiger Gemeindepräsidenten Thomas Iten. Anschliessend führte Müller mit viel Schalk und Witz durch die Tagesordnung. Nachdem die Ehrungen verliehen und die Ankündigungen gemacht waren, schloss er die Versammlung mit den Worten: «Bliibet gsund und katholisch!»