«Menschen setzen sich für Genügsamkeit und Fairness ein.» Foto: Angela Büchel Sladkovic
Salzig, sauer, süss, bitter
Schöpfungstag - Man könne nicht Gott preisen und gleichzeitig seine Schöpfung vernachlässigen, schreibt Angela Büchel Sladkovic.
Man kann nicht Gott preisen und gleichzeitig seine Schöpfung vernachlässigen. Am 1. September feiern die christlichen Kirchen den Schöpfungstag. Der Tag eröffnet die Schöpfungszeit, die bis zum 4. Oktober, dem Gedenktag des Heiligen Franziskus, dauert und auch die Erntedankfeiern und den Bettag einschliesst.
von Angela Büchel Sladkovic
Franz von Assisi lebte stark aus der Verbundenheit mit allem. Die Achtung aller Lebewesen und aller Elemente, ja des ganzen Kosmos, war ihm ein Herzensanliegen und lebt in der franziskanischen Spiritualität fort. Die westliche Theologie war jedoch über Jahrhunderte eher geprägt von einer Schöpfungsvergessenheit.
Eine Initiative der orthodoxen Kirche
Die Initiative des Schöpfungstages geht auf den ökumenischen Patriarchen Dimitrios I. zurück. In grosser Sorge angesichts des Raubbaus an der Natur rief er 1989 «die ganze orthodoxe und christliche Welt» dazu auf, am 1. September für die Schöpfung zu beten und Schritte zu tun für den Schutz der Umwelt und für einen nachhaltigen Lebensstil. Die ökumenische Charta nahm das Anliegen auf und proklamierte an der 3. Europäischen Ökumenischen Versammlung in Sibiu 2007 die Schöpfungszeit. Gottes Schöpfung loben können wir nur, so formulierte Dorothee Sölle, wenn wir in einer lebendigen Beziehung zu ihr stehen.
«Götterspeise und Teufelshörnchen»
Der Schöpfungstag 2019 nimmt auf Anregung von oeku, dem Ökumenischen Verein Kirche und Umwelt, als Thema den Geschmackssinn auf: «Salzig, sauer, süss, bitter und würzig sind die Eckpfeiler des Geschmackssinns, der in der Zunge beheimatet ist. Im Mund entscheiden wir, ob uns etwas schmeckt oder nicht, ob von einem Ereignis ein fader Nachgeschmack bleibt oder der Appetit auf Wiederholung sich regt. Über unser Essen erleben wir ‹Himmel und Hölle›, wie die süsse Götterspeise oder das scharfe Teufelshörnchen zeigen.» In der Bibel ist oft vom Essen die Rede; oft geht es um das fehlende Brot und den fehlenden Wein. Der eine verkauft sein Erstgeburtsrecht für ein Linsengericht, die andere läuft zur Nachbarin für Brot und Fisch, da sie Besuch kriegt. Grundlegend für das jüdische Volk war die Erfahrung, in äusserster Verzweiflung in geheimnisvoller Weise gestärkt zu werden durch das Manna, das Himmelsbrot. Und die neutestamentliche Brotwunder-Geschichte er- zählt, wie aus hungrigen Schafen eine Gemeinschaft wird, die sich aktiv darum bemüht, dass alle satt werden.
Nicht wie Heuschrecken
Die Schöpfungszeit bietet die Gelegenheit, «bewusst die Dankbarkeit für Gottes gute Gaben zu pflegen und gleichzeitig die problematische Seite der Ernährung mit ihrer Umweltbelastung zur Sprache zu bringen» (oeku). Menschen überlegen sich, was sie essen! Sie machen sich Gedanken und versuchen, Zusammenhänge zu verstehen. Gott sei Dank wollen viele Menschen nicht einfach abgrasen und wie Heuschrecken ihren Hunger stillen, indem sie alles verwüsten. Menschen setzen sich für Genügsamkeit und Fairness ein, damit sie ihr Essen geniessen können ohne bitteren Nachgeschmack.
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Ökumenischer Schöpfungstag - Veranstaltungen
Bern: Geschmacksparcours am 1. September ab 14.30, Start auf dem Münsterplatz. Wasser in allen Variationen schmecken – den Münstergarten entdecken – Guetzli verzieren – Süsses und Scharfes auf dem Münsterturm probieren.
17.00 Ökumenische Feier im Münster, anschliessend Teilete auf dem Münsterplatz.
Infos: angela.buechel@kathbern.ch, Tel. 031 300 33 42
Köniz: Gottesdienste zur Schöpfungszeit in der Kirche St. Josef am 7. September um 17.00 und am 8. September um 09.30 Wabern: Ökumenischer Schöpfungsgottesdienst im ökumenischen Zentrum Kehrsatz am 8. September um 10.00. Eucharistiefeier in der Kirche St. Michael um 11.00.