Foto: Ordensleute und Bischöfe vor der Ranft-Kappelle | © Vera Rüttimann

Schweizer Bischöfe pilgern auf den Spuren von Bruder Klaus

13.09.2017

Gottessuche und Inspiration. Naturgewaltige Wallfahrt zum Abschluss der Schweizer Bischofskonferenz.

Am 6. September sind die Schweizer Bischöfe und Vertreterinnen und Vertreter von Ordensgemeinschaften hinab in die Ranft-Schlucht gepilgert. Die Wallfahrt zum Abschluss der Herbstversammlung der Schweizer Bischofskonferenz war von einem Naturschauspiel begleitet. Sie fand im aktuellen Jahr des Bruder-Klausen-Jubiläums statt.


Am Firmament erheben sich schneebedeckte Bergspitzen. Nebel wandert den Hängen empor. Ein Naturschauspiel, dem sich an diesem Mittwochmorgen auch Bischöfe und Ordensleute aus der ganzen Schweiz nicht entziehen wollen. Auch die Mitglieder der Schweizer Bischofskonferenz wollen es sich nicht nehmen lassen, zu dem Mann zu pilgern, der als Friedensstifter und Schutzpatron der Schweiz gilt.

Nicht Holzfigur, sondern Wegweiser
Die Bischöfe und Ordensleute verlassen das Haus Bethanien, um sich auf den Pilgerweg Richtung Ranftschlucht zu begeben. Sie sind mit Regenjacken und Schirmen ausgestattet. Es giesst wie aus Kübeln. Weibischof Marian Eleganti liest an fünf Stationen kurze Meditationstexte und spricht tapfer gegen den peitschenden Wind an. Doch die Ranft-Pilger sind zäh. Man spürt ihnen an: Bruder Klaus ist für sie nicht bloss eine alte Holzfigur, sondern ein Ratgeber und Wegweiser.

Die nächste Station ist die Kirche St. Niklausen. Auch hier wird das Bruder-Klausen-Lied «Mein Herr und mein Gott» gesungen. Auf dem Weg durch eine Senke, die die Ranft-Pilger zur Ulrichs-Kapelle führt, reisst die Wolkendecke auf. In der Melchaa-Schlucht zeichnen sich dünne Lichtfäden auf dem grünen Grund ab. Ein beeindruckendes Naturschauspiel.

Hinab zur Melchaa
Immer tiefer geht es hinab in die Ranftschlucht. Von Fern ist das Gurgeln der Melchaa zu hören. Mit unterwegs ist auch der Obwaldner Politiker Franz Enderli. Der Weg, der hinunter zum Fluss führt, führt die Bischöfe und Ordensleute über steile Felsen, Geröll und vom Regen glitschig nasse Wurzeln. Beeindruckend, wie sich einige trotz ihres Habits und ihres Alters über das Gelände bewegen.

Auf dem Weg sinniert wohl manch einer darüber nach, was dieser Niklaus von Flüe alles war: Er war Bauer, Richter und Ehemann, aber ebenso Eremit, Ratgeber und Friedensstifter. Ein Unruhestifter aber auch und Mann des klaren Wortes, der bis heute polarisiert. Für viele Bischöfe und Ordensleute ist Bruder Klaus für ihre Berufung eine wichtige Figur und ein Vorbild in Mystik und Spiritualität. «Ich glaube, er inspiriert wegen seines radikalen Lebensstils», sagt Weibischof Marian Eleganti. Er hatte den Mut das zu tun, wonach sich viele Menschen heute wohl sehnen: Seiner inneren Stimme zu folgen.

In der Ranft-Kapelle
Die Bischöfe kommen nun bei der Ranft-Kapelle an. Manch ein Pilgerer schaut dabei auch zur Eremitenklause hoch, die sich unweit von hier befindet. In diesem dunklen, niedrigen Raum befindet sich jene Stelle, an der Niklaus von Flüe sein Haupt niedergelegt hat. Hier soll Bruder Klaus ohne jede Nahrung und gestärkt allein durch die Eucharistie gelebt haben. Nicht nur dieser Ort, die ganze Umgebung in der Melchaa-Schlucht, wirkt vermutlich auf die Bischöfe so, als hätte der Eremit diesen Ort eben erst verlassen. Ein berühmtes Bild in der Ranft-Kapelle zeigt: Das einzige, was der hagere Mann am Leib trug, war das Gewand, das ihm seine Frau Dorothea nähte.

Der Basler Bischof Felix Gmür, der an diesem Tag die Predigt hält, sagt: «Ich bin überzeugt, dass es gut und wertvoll ist, dass die Bischöfe der Schweiz und ausgewählte Vertreter und Vertreterinnen von Orden Bruder Klaus im Ranft besuchen.» Er freue sich über die grosse Bandbreite an Ordensleuten, die die Kirche Schweiz ausmache. Er dankt auch der Gemeinschaft Chemin neuf, die hier im Ranft für die Pilger aus aller Welt präsent sind. In diesen Dank schliesst er auch Kaplan Josef Rosenast, der zugegen ist, mit ein.

Bischof Felix Gmür spricht aufgrund der immer neuen Ausstellungen und Bücher über den Nationalheiligen von leichten Ermüdungserscheinungen. Nicht aber bei ihm. Er spricht in seiner Predigt über die Dinge, die ihn an Bruder Klaus schon immer fasziniert haben. Zum einen sei da dieses von Brüchen durchzogene Leben. Zum anderen sei da dieser Mann, der sich bewusst für einen anderen Lebensweg entschieden habe als damals üblich. «Er war ein wehrfähiger Mann, der von Kriegen traumatisiert war und der mit seinem Leben als Eremit bewusst einen anderen Weg suchte. Er hatte zudem für andere stets ein offenes Ohr.» Bruder Klaus sei hierin Bischöfen und Ordensleuten bis heute ein Vorbild.

Der Gottes-Sucher
So ergeht es auch Urban Federer, Abt von Einsiedeln. Als Deutschschweizer sei ihm Bruder Klaus von Kindheit auf vertraut, sagt er gegenüber kath.ch. Federer, der über die deutsche Mystik promoviert hat, zeigt sich beeindruckt, wie stark Bruder Klaus von der dominikanischen Mystik beeinflusst war und wie sie ihm in Krisenmomenten geistige Nahrung gab. Auch die Art und Weise, wie Niklaus von Flüe seine Gottes-Suche gepflegt hat, sei ihm ein Vorbild. Als er an diesem Morgen hinab in den Ranft gestiegen sei, habe er über diesen Aspekt intensiv nachgedacht. Das habe auch mit seinem Alter zu tun habe.

Urban Federer sagt: «Bruder Klaus hatte mit 48 eine grosse Krise, ging mit 50 als Pilger auf Sinnsuche und kam als Einsiedler zurück. Ich bin jetzt 49 Jahre alt. Ich stecke zwar nicht in einer Krise, aber ich bin jetzt wieder dran, meine Gottesbeziehung neu zu entdecken. Damit ist man nie fertig.» Dieser Tag mit den Bischöfen und Ordensleuten habe auch ihm dafür neue Inputs gegeben.

Vera Rüttimann, kath.ch

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