Minis formen das Schweizerkreuz mit den Händen. Foto: damp
Schweizer Minis in Rom: Ehrenamt macht es möglich
Über 400 Minis aus der Deutschschweiz nahmen an der Wallfahrt nach Rom teil. In Deutschland sind die Zahlen höher. Das liegt am Geld.
Über 400 Minis aus der Deutschschweiz nahmen an der Wallfahrt nach Rom teil. Damit die Woche Rome mit Papst, Pizza und Petersdom ein Erfolg wurde, haben sechs Ehrenamtliche zwei Jahre lang geplant. In Deutschland sind die Teilnehmerzahlen höher, aber hier werden die Organisator:innen bezahlt.
Magdalena Thiele
Die Schweizer Fahne auf dem Petersplatz, strahlende Gesichter vor römischer Sommerkulisse und Berichte über ein einmaliges Gemeinschaftsgefühl. Über 400 Minis aus der Deutschschweiz waren vergangene Woche in der ewigen Stadt unterwegs – unter anderem, um dem Papst ein herzliches «Grüeziwohl» zuzurufen.
Weltweit berichten die Medien positiv. Eine runde Sache - oder wie der Luxemburger Kardinal und Präsident des Internationalen Ministrantenbunds, Jean-Claude Hollerich resümiert: «Die Kirche ist jung, voller Freude und Leben.». Aber hinter den rund 70’000 jungen Katholik:innen, die zum Abschluss gemeinsam die Wallfahrtshymne «With You» (Mit Dir) intonierten, steht ein enormer Organisationsaufwand.
In der Schweiz: Ehrenamt
Den Auftrag, die Mini-Wallfahrt für die Deutschschweiz zu organisieren, vergeben die Römisch-Katholische Zentralkonferenz der Schweiz (RKZ) und die Deutschschweizerische Ordinarienkonferenz (DOK) an die Deutschschweizerischen Arbeitsgruppe für Ministrant*innenpastoral (damp).
«Die Angestellten der damp können aufgrund ihrer begrenzten Stellenprozente ausserhalb des Tagesgeschäfts kein solches Megaevent organisieren. Das lief alles über Ehrenamt», erklärt damp- Präsidentin Murielle Egloff. Die 44-Jährige leitet seit sechs Jahren die Jugendseelsorgestelle im Kanton Thurgau. Neben Egloff waren ausserdem die beiden damp-Vorstandsmitglieder Bianca Rehm und Silvana Bartels als Organisatoren dabei, sowie die Seelsorgenden Katharina Küng und Adrian Bolzen, ehemalige damp-Vorstandsmitglieder, und der Informationsbeauftragte des Generalvikars Zürich/Glarus Thomas Boutellier.
Boutellier ist seit über 20 Jahren als Religionspädagoge und Kommunikationsverantwortlicher in der Kirche tätig. «Zwei Jahre lang haben wir zu sechst alles geplant, damit diese Fahrt stattfinden kann. Das machen wir in unserer Freizeit», sagt Boutellier. Für die Miniwallfahrt nahmen alle etwa 14 Tage frei. Hinzu kamen rund 100 Stunden administrative Vorbereitung.
Doppelt so viele Anmeldungen wie Plätze
Trotz des Engagements der Organisationsteams reichten die Kapazitäten nicht für alle. «Als die Wallfahrt bereits im vergangenen November ausverkauft war, stellten wir uns die Frage, ob wir die Teilnehmer:innenzahl erhöhen sollten. Es waren doppelt so viele Ministrant:innen interessiert, wie es Plätze gab. Aber dafür hätten wir auch organisatorisch ehrenamtlich mindestens verdoppeln müssen. Auch um Qualitätsstandards zu gewährleisten», sagt Boutellier. So wurde viel Zeit und Aufwand beispielsweise in die Ausarbeitung eines umfangreichen Missbrauchs-Präventionskonzept investiert, die Beteiligten entsprechend geschult und alle Teilnehmer:innen und deren Familien informiert.
Murielle Egloff mag keine Vergleiche mit Deutschland. Aber in diesem Fall sei ein Blick dorthin sinnvoll, meint sie. «In Deutschland sehen wir die Organisation in den Händen von mindestens zwei Vollzeitstellen und vielen kleinen Stellenprozenten, die unterstützen. So konnte allein das Erzbistum Freiburg mit knapp 6’000 Minis nach Rom kommen.»
Mehr Mittel nötig, um Potential auszuschöpfen
Wären solche Zahlen auch in der Schweiz möglich, wenn es mehr finanziellen Mittel gäbe? «Wohl nicht beim ersten Mal, aber beim zweiten Mal, warum nicht. Das Potential ist da», ist sich Egloff sicher. «Weder im Vorfeld noch während der Wallfahrt hat sich ein Bischof gemeldet und gefragt, was er tun könnte, um uns zu unterstützen. Das ist der grosse Unterschied zu Deutschland, wo alle in Rom waren, um mit ihren Minis unterwegs zu sein», sagt Egloff. Diese unterstützenden Zeichen sind aber entscheidend, um das Potential auszuschöpfen.
Auf die Frage der Finanzen angesprochen, erklärt der Beauftragter der DOK für Jugendpastoral und Bischofsvikar Hanspeter Wasmer: «In der Schweiz liegt die Finanzhoheit bei den Kirchgemeinden. «Die Gemeinden entscheiden autonom, ob sie zum Beispiel einen Teil oder den ganzen Betrag für die Romwallfahrt zahlen wollen.» Er fügt hinzu: «Es ist aber auch so, dass in der Schweiz sehr viel ehrenamtliche Arbeit geleistet wird, das hat vor allem bei der Jugend Tradition.» Egloff stimmt dem Bischofsvikar zu. Sie fügt aber an, dass die ehrenamtliche Einsatzbereitschaft nicht als selbstverständlich angesehen werden darf.
«Zusammengefasst kann man sagen, dass Ehrenamtliche diese Miniwallfahrt für die hauptamtlichen Gruppenleitenden organisiert und durchgeführt haben», resümiert Murielle Egloff. «Von den Gruppenleitenden erfahren wir viel Wertschätzung.» Es gehe nun draum, das Engagements der Minis auch ausserhalb von Miniwallfahrt und Minifest zu stärken. Dabei dürfe man durchaus die Frage in den Raum stellen, wie es dem Weltjugendtag gelingt, so viele Ressourcen zu generieren, während die Minis immer wieder um Geld, Unterstützung und Sichtbarkeit kämpfen müssen, findet Egloff. «Was passiert, wenn sich keine Ehrenamtliche mehr finden, die neben allem anderen auch noch diese Organisation auf sich nehmen?»
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