Silvia Schroer: Bibelwissenschaft und Erwachsenenbildung. Ökumenische Berufung. Foto: zVg

Silvia Schroer: vor die Tür gesetzt!

24.08.2016

Detlef Hecking fragt sich, welche Zukunft eine Kirche hat, die ihre besten Theologinnen vor die Tür setzt...

1997 wurde die katholische Bibelwissenschaftlerin Silvia Schroer als Professorin für Altes Testament an die damals noch Evangelische, heute ökumenisch ausgerichtete Theologische Fakultät der Universität Bern berufen. Was heute wenig spektakulär erscheint, war vor 20 Jahren noch ein Aufsehen erregendes Zeichen für ökumenische Offenheit. Wie war es dazu gekommen?
Während ihres eigenen Studiums der Theologie und Altphilologie in Münster, München und Fribourg in den Jahren 1977–1983 hatte Silvia Schroer noch keine einzige Professorin oder Dozentin erlebt. Aber: «Wissen hatte in meiner Erfahrung ein – nicht exklusiv, aber doch deutlich – weibliches Aussehen.» Das verdankte Silvia Schroer kompetenten Studienrätinnen, die ihre Schulzeit am Gymnasium geprägt hatten.

Mit ihrer Habilitation 1989 – der ersten Habilitation einer Frau an der Theologischen Fakultät Fribourg – trat sie gewissermassen die Nachfolge von Mary Daly an, die dort 1965 als erste Frau eine theologische Dissertation abgelegt hatte (vgl. «pfarrblatt » Nr. 12 vom15. März 2016). 1987 bis 1992 setzte Silvia Schroer sich als Leiterin der Bibelpastoralen Arbeitsstelle des Schweizerischen Katholischen Bibelwerks für die Vermittlung biblischer Themen an der kirchlichen Basis ein.
Als die Katholisch-Theologische Fakultät der Universität Tübingen sie 1991 auf einen Lehrstuhl für Altes Testament berufen wollte, verweigerte ihr der zuständige Bischof wegen ihrer feministisch-theologischen Positionen jedoch die Berufung. Das kam einem Berufsverbot für alle katholischen Fakultäten gleich.

Die Berufung nach Bern eröffnete ihr damit Perspektiven, die sie in der katholischen Kirche nicht mehr hatte. Heute ist Silvia Schroer eine international anerkannte Bibelwissenschaftlerin und Autorin fachwissenschaftlicher Standardwerke, aber auch allgemein verständlicher Publikationen zur biblischen Ikonografie und biblischen Menschenbildern und vielem mehr (auch hier im «pfarrblatt»). Welche Zukunft hat eine Kirche, die ihre besten Theologinnen vor die Tür setzt?

Detlef Hecking, Bibelpastorale Arbeitsstelle SKB


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