Das Chorgestühl in der Klosterkirche des ehemaligen Kartäuserklosters Buxheim. Die Figur zeigt Wilhelm von Maleval. Foto: Memmingen/Wikimedia Commons

Sind alle Orden zeitlos und bestehen ewig?

19.08.2015

Wilhelm von Malavalle lebte im 12. Jahrhundert und war ein französischer Adliger, der sich vom Kriegsdienst abwandte und ein Leben der Busse und Askese als Einsiedler führte.

Am Fusse des Feldberges im Schwarzwald erstreckt sich ein traumhaftes Tal, das heute eine beliebte Wanderstrecke bietet: Das Sankt Wilhelmer Tal. Sein Name leitet sich von einem Kloster ab, das dort in früheren Jahrhunderten gestanden hatte, und vom Eremiten- Orden, dem dieses Kloster gehörte. Der Orden seinerseits nannte sich nach seinem Gründer, dem heiligen Wilhelm von Malavalle, «Wilhelmitenorden».

Wilhelm von Malavalle ist nur schwer geschichtlich zu fassen, weil viele Autoren, die sein Leben aufschrieben, ihn wegen des gleichen Namens mit Herzog Wilhelm IX. von Aquitanien verwechselten und leider Angaben durcheinander würfelten. Der Ordensgründer lebte im 12. Jahrhundert und war vermutlich ein Adliger, der sich vom Kriegsdienst abwandte und ein Leben der Busse und Askese als Einsiedler führte. Er wählte dafür ein einsames, wildes Tal (italienisch: malavalle) in der Toskana, das ihm seinen Beinamen gab.

Die Legende berichtet, er sei als büssender Pilger in einem Kettenhemd, das an seinen Leib geschmiedet war, bis nach Jerusalem und Santiago gezogen. Darüber trug er das Büsserhemd. An die Gründung eines Ordens hatte Wilhelm wohl nicht gedacht, aber nach seinem Tod im Jahr 1157 entstand in der Toskana eine Gemeinschaft von Eremiten in seiner Nachfolge, die bald als Orden anerkannt wurde. Ein auffälliges äusseres Zeichen waren ihre weissen Mäntel. Die Wilhelmiten suchten die Einsamkeit abseits der grossen Siedlungen und des Verkehrs, weil sie dem Einsiedlerideal ihres Gründers folgten. So kamen sie auch in das St. Wilhelmer Tal und nach Oberried. Daneben gab es mehrere städtische Wilhelmitenklöster, die sich in ihrer Lebensweise mehr und mehr den Bettelorden anglichen. Das Kloster Sion etwa war ein Wilhelmitenkloster in der Schweiz – es befand sich in Klingnau im heutigen Kanton Aargau und existierte von 1269 bis 1810. Der Wilhelmitenorden verschwand vor über 100 Jahren und ist ein Beispiel dafür, dass Ideen und Ideale auch in der Geschichte der Kirche nicht zeitlos sind, sondern auftauchen, ihre Berechtigung finden und wieder verschwinden können.