Sonntag ist Bettag
Macht ein staatlich verordneter Gebetstag noch Sinn?
Am dritten Sonntag im September wird der Eidgenössische Dank-, Buss- und Bettag gefeiert. Staatlich verordnet, ist der Tag heute nicht mehr unangefochten. Zu unrecht?
Von Andreas Krummenacher
Die Idee von Dank-, Buss- und Bettagen reicht zurück bis ins Mittelalter. Das <link https: hls-dhs-dss.ch de articles external-link external link in new>Historische Lexikon der Schweiz schreibt zum Bettag: «Die Buss- und Bettage des Christentums sind aus der Praxis des Judentums hervorgegangen. In Notzeiten des Spätmittelalters tauchten Buss- und Dankfeiern als Gegenstand eidgenössischer Tagsatzungen auf. Die Tradition des ‹Grossen Gebets der Eidgenossen› ist erstmals 1517 schriftlich überliefert. Obrigkeiten reformierter Orte legten im 16. Jh. anlässlich von Pestzügen und Teuerungen wöchentliche oder monatliche Buss- und Bettage fest, die später häufig mit Fastenübungen und Kollekten für notleidende Glaubensgenossen verbunden wurden.»
Am 1. August 1832 wurde dann der Bettag auf den dritten Sonntag im September festgelegt. Längst hielten sich nicht alle daran, es gab und gibt Ausnahmen, beispielsweise in Genf. Seit dem 2. Vatikan wird der Bettag als ökumenischer Festtag begangen.
Inländische Mission
Die Kollekten für notleidende Zeitgenoss*innen sind geblieben. Die sogenannte Bettagskollekte wird in der römisch-katholischen Kirche traditionsgemäss für die «Inländische Mission» aufgenommen. In diesem Jahr werden <link https: www.im-mi.ch d bettagskollekte-2021-hilfe-die-kreativitaet-ermoeglicht external-link external link in new>laut Medienmitteilung 50 Seelsorgeprojekte «auf allen Ebenen kirchlichen Lebens» in der ganzen Schweiz finanziell unterstützt.
In Genf beispielsweise finanziere die Inländische Mission Anlaufstellen für Obdachlose und Randständige, Integrationsprojekte und spirituelle Angebote. Ausserdem würden für die «gesamtschweizerischen und sprachregionalen Jugend- und Erwachsenentreffen», die wegen Corona nicht wie üblich hätten durchgeführt werden können, Ersatzangebote mitfinanziert.
Die Kirche verändere sich und werde vor neue Herausforderungen gestellt, wie gerade die Corona-Krise deutlich mache, heisst es in der Medienmitteilung der «Inländischen Mission». «Umso wichtiger sind Projekte für Jung und Alt, die neue Wege begehen und so neue Hoffnungen wecken können.» Darum würden ökumenische Anlässe «mit neuen Ansätzen» wie etwa <link https: www.kathbern.ch pfarrblatt-bern-angelus-biel pfarrblatt-bern news-artikel news ein-fenster-zur-kirche-und-eines-zur-welt detail external-link external link in new>«Wiborada2021» in St. Gallen oder das Multimediaprojekt <link https: www.haus-bethanien.ch de startseite nda external-link external link in new>«Niklaus & Dorothee Alive» im Gästehaus Bethanien in St. Niklausen (OW) unterstützt.
Neue Bedeutung für den Bettag
Im 20. Jahrhundert hat der Bettag an Bedeutung verloren. Vor vier Jahren veröffentlichte die Theologieprofessorin Eva-Maria Faber ein Buch zum Thema «Dem Bettag eine Zukunft bereiten». <link https: www.kathbern.ch pfarrblatt-bern-angelus-biel pfarrblatt-bern news-artikel news buch-dem-bettag-eine-zukunft-bereiten detail external-link external link in new>Im Interview sagte sie damals im «pfarrblatt»: «Die zunehmend interreligiöse Ausrichtung des Bettags (...) entspricht dem Faktum, dass der Bettag ein staatlich angeordneter Feiertag ist, der darum der religiösen Pluralität in unserem Land gerecht werden muss. Wie in früheren Jahrhunderten kann der Staat, beziehungsweise können Kantonsregierungen der Einsicht folgen, dass die Religionen eine fruchtbare Rolle im Zusammenleben der Bevölkerung und in der solidarischen Verantwortung füreinander und für weltweite Zusammenhänge wahrnehmen.»
Auch für den Liturgiewissenschaflter Josef-Anton Willa vom «Liturgischen Institut Fribourg» macht der Bettag heute noch Sinn. Er schreibt: «Der Bettag beansprucht Öffentlichkeitscharakter, hat eine politische Dimension. (...) Es macht auch heute noch Sinn, wenn das Land seinen Bewohnerinnen und Bewohnern einmal im Jahr einen Halt anbietet, damit sie sich über religiöse und kulturelle Grenzen hinweg auf gemeinsame Werte und Orientierungspunkte besinnen und verständigen. Letztlich aber sind es religiös, sozial oder ökologisch motivierte Initiativen vor Ort, die den Bettag am Leben erhalten.»
Aus diesem Blickwinkel gilt der Bettag wohl zu Unrecht als aus der Zeit gefallen. Er bleibt der einzige staatlich angeordnete und von allen christlichen Kirchen sowie von den israelitischen Kultusgemeinden begangene religiöse Feiertag. Gebet kann hier auch Innehalten heissen.
Hinweis: Ökumenische Gottesdienste zum Bettag gibt es im ganzen Kanton Bern. Details im <link https: www.kathbern.ch gottesdienste-anlaesse veranstaltungskalender external-link external link in new>Veranstaltungskalender (geben Sie in das Suchfeld Bettag ein) oder im<link https: www.kathbern.ch pfarrblatt-bern-angelus-biel pfarrblatt-bern e-paper-pdf external-link external link in new> E-Paper der aktuellen «pfarrblatt»-Ausgabe.