Sr. Francoise-Bernard. Foto: Nicole Arz

Sr. Françoise-Bernard

22.05.2013

In der Kirche bin ich diejenige, die in der Gemeinschaft der Oblatinnen das Evangelium zu leben sucht

Sr. Françoise-Bernard (36) ist seit 2005 Oblatin des Hl. Franz von Sales in Troyes (F), seit 2011 in der Villa Maria in Bern.

Interview: Nicole Arz

Was lieben Sie an Ihrer Tätigkeit?
Dank unserer Ordensregel und unserem Gemeinschaftsleben kann ich meine Beziehung zu Gott in radikaler Weise leben. Das Stundengebet, die Lectio Divina, die Meditation und vor allem die tägliche Eucharistie geben mir Kraft, um für meine Mitmenschen da zu sein. Die abwechslungsreichen Kontakte mit den unterschiedlichsten Menschen erfüllen mich sehr.

Schildern Sie einen schwierigen Moment!
In diesem Winter habe ich in den Elendsvierteln von Paris mit Familien gearbeitet, deren Kindern die Einschulung aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit verwehrt wurde. Viele Frauen dieser Familien haben aufgrund der enorm prekären Situation, in der sie leben, kaum Zugang zu Unterstützung und sehen daher keine andere Möglichkeit, als ihre ungeborenen Kinder abzutreiben. Dass dies auch in der Schweiz und anderen Ländern Europas praktiziert wird, finde ich äusserst alarmierend.

Erzählen Sie von einem berührenden Erlebnis!
Im Rahmen meines Sozialarbeitspraktikums bei der Caritas in Paris habe ich mit einem Team freiwilliger Mitarbeiter nachts die Strassen dieser Stadt nach Obdachlosen abgesucht, um ihnen ein warmes Getränk anzubieten. In einem berüchtigten Quartier sind wir auf eine Gruppe Jugendlicher gestossen. Spontan baten mich diese jungen Menschen, mit ihnen zu beten. Trotz eisigen Temperaturen um 4 Uhr morgens knieten sich einige nieder, andere richteten sich nach Mekka aus. Es war ein intensiver Moment unkonventioneller Ökumene: «Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind …» Die Gegenwart Gottes war spürbar!

Was ist Ihnen eher lästig?
Unreflektierte und unbegründete Vorurteile.

Worauf vertrauen Sie in Ihrem Leben?
Auf die barmherzige Liebe, die Kraft, die Führung und den Humor des dreifaltigen Gottes.

Wie leben Sie?
Von Gott geliebt, betend, studierend, möglichst offen für Gott und die Menschen, die Er mir auf den Weg stellt; kurzum dankbar und glücklich.