Die Königinnen proben mit Sonja Gerber im Pfarrhaus. Foto: Elisabeth Zschiedrich

St. Marien: Wo Schafe tanzen und Königinnen singen

Seit über 15 Jahren gibt es im Berner Nordquartier ein Weihnachtsspiel als ökumenisches Projekt. Auch in diesem Advent singen und tanzen Kinder zu den Weihnachtsgeschichten der Bibel.


Elisabeth Zschiedrich

Die Engel sollen nicht stampfen, sondern schreiten. Gerade haben sie ihren Auftritt geprobt. Vom Altarraum aus sind sie mit einem Licht in der Hand durch die dunkle Kirche gelaufen, immer einer nach rechts und einer nach links. Danach haben sie gesungen: «Halleluja, wir loben Gott!» Jetzt tanzen die Schafe, und die Königinnen singen. In der Berner Pfarrei St. Marien wird fürs Weihnachtsspiel geprobt. 

Mehr als 25 Kinder zwischen vier und elf Jahren kommen jeden Mittwoch hierher. Einige Extraproben sind samstags. Anja Stauffer, Verantwortliche für die Familien-Eltern-KindArbeit in der Pfarrei St. Marien, Sonja Gerber, reformierte Pfarrerin in der Johanneskirche, und Herbert Knecht, Pfarrer der reformierten Kirchgemeinde Markus, leiten die Proben gemeinsam. Normalerweise begleitet der Musikpädagoge Jean-Luc Gassmann die Kinder am Klavier. Nur heute kommt der Sound aus der Box. 

Ausschau nach dem Weihnachtsstern

Heute ist Luana Kunz zu Gast. Die Kursleiterin vom «HipHop Center» Bern studiert mit den jüngeren Kindern die Tanzschritte ein. Erst bewegen sich die Beine hin und her, dann gehen die Arme nach oben. Die Schafe halten Ausschau nach dem Weihnachtsstern. Ihre Bewegungen sind noch nicht sehr synchron, aber das macht nichts, es ist erst die dritte Probe. «Bei der Aufführung in vier Wochen könnt ihr das», motiviert Sonja Gerber die Kinder. 
 


Ökumenisches Erfolgsprojekt 

Das Weihnachtsspiel findet seit über 15 Jahren abwechselnd in der reformierten Markus- und der katholischen Marienkirche statt – ein ökumenisches Erfolgsprojekt. Hirten, Schafe und Königinnen sind jedes Mal dabei, die Geschichte variiert jedoch immer etwas. Dieses Mal ist König Herodes dabei, zudem Soldatinnen, Thronputzerinnen und am Ende ein ganz besonderes Kind. Im Mittelpunkt steht der Weihnachtsstern. Es ist ein Mini-Musical, das die Weihnachtsgeschichten der Bibel ausschmückt und auf das sich die Kinder konzentriert vorbereiten. 

Bei den Königinnen sitzt die Melodie ihres Songs schon sehr gut. Sie proben mit Sonja Gerber im Pfarrhaus und singen auch auf dem Rückweg zur Kirche noch lauthals weiter. «Chömet und stuunet!», tönt es durchs Treppenhaus. Die meisten Lieder stammen aus dem Buch «Weihnachtsspiel», das Jean-Luc Gassmann und Herbert Knecht gemeinsam mit den Pädagoginnen Manuela Touvet und Mirjam Portmann vor drei Jahren herausgegeben haben. 

Nie auserzählt

 Die Weihnachtsgeschichten der Bibel seien keine historischen Tatsachenberichte, schreiben sie darin. Erst lange nach Jesu Wirken hätten Menschen die Geschichten seiner Geburt aufgeschrieben, passend zu Jesu Leben, zu seinem Tod und seiner Auferstehung. Daher klinge vieles von dem, was Jesus den Menschen vorgelebt und vermittelt habe, schon in den Weihnachtsgeschichten an: der Konflikt mit den Mächtigen, die Nähe zu den einfachen Leuten oder die besondere Verbindung zu Gott. Erstaunlich aktuell sei das. Tatsächlich sind diese Geschichten niemals auserzählt. Die Tradition des Weihnachtsspiels im Berner Norden könnte noch lange fortbestehen. 

 

Die Aufführung des Weihnachtsspiels «Du Schtärn mit dim Schweif so wunderbar schön» findet am Sonntag, 22. Dezember, ab 17.00 in der Marienkirche in Bern statt. 
Weitere Infos, Flyer und Lieder finden Sie hier.