In der Versöhnungskirche von Taizé versammeln sich Hunderte mehrheitlich junger Menschen zum Lichtergottesdienst. Bild: Arvid Vollprecht/wikimedia
Taizé-Bewegung wird 75 Jahre alt
Auch nach der Ermordung des Gründers wurde das Werk fortgeführt
Die ökumenische Gemeinschaft von Taizé feiert ihr 75-jähriges Bestehen. Ihr Gründer, der reformierte Schweizer Roger Schutz, fiel 2005 einem Attentat zum Opfer.
SDA/Sylvia Stam
Die Gemeinschaft von Taizé wurde 1944 in dem gleichnamigen Dorf im Burgund (F) gegründet. Initiant der Bewegung war der reformierte Schweizer Roger Schutz (*1915). Am Ostersonntag, 17. April 1949, legten die ersten sieben Brüder, die evangelischer Herkunft waren, ihre Gelübde ab und verpflichteten sich zu einem Leben in Ehelosigkeit, Gemeinschaft und Einfachheit. Schnell schlossen sich auch Katholiken der Bewegung an.
Die Taizé-Gemeinschaft vereint heute 80 Brüder aus etwa 30 Ländern. Sie bestreiten ihren Lebensunterhalt durch den Erlös ihrer Arbeit. Diese besteht in Keramikarbeiten, die in einem Laden in Taizé verkauft werden.
Magnet für junge Menschen
Seit den 50er-Jahren kommen viele vor allem junge Menschen aus allen Kontinenten nach Taizé, um an den wöchentlichen Jugendtreffen teilzunehmen. Dies führte 1961/62 zum Bau der Versöhnungskirche (siehe Bild). Schwestern verschiedener Ordensgemeinschaften unterstützen die Brüder bei Empfang und Beherbergung der Jugendlichen. Diese nehmen teil an den Gebeten, die von meditativen Gesängen geprägt sind, und diskutieren in internationalen Gruppen Bibeltexte und Fragen des Glaubens.
In den 70er-Jahren rief Frère Roger, wie Schutz sich nannte, internationale Jugendtreffen ins Leben, die jeweils über Silvester in einer europäischen Grossstadt stattfinden. Die Schweiz war zweimal Gastgeberin: 2007 in Genf und 2017 in Basel.
Frère Roger war es wichtig, keine von Taizé aus organisierte Bewegung ins Leben zu rufen: Wer Taizé oder eines der Jugendtreffen über Silvester besucht, ist eingeladen, im eigenen Leben umzusetzen, was er oder sie vom Evangelium verstanden hat, und nach Möglichkeiten zu suchen, Gesten der Solidarität in der eigenen Umgebung zu verwirklichen. In vielen Ländern kommen Menschen regelmässig zu Gebeten mit Gesängen aus Taizé zusammen, in der Regel verbunden mit der Pfarrei oder Kirchgemeinde.
Gesänge weit verbreitet
Die Gesänge von Taizé sind auch einem grösseren Publikum bekannt: Einstrophige, schlicht gesetzte Lieder, oft mehrstimmig oder als Kanon, die nicht selten in verschiedenen Sprachen gesungen werden können. Viele dieser Lieder wurden auch in deutschsprachige Kirchengesangbücher aufgenommen.
Gründer erstochen
Am 16. August 2005 erstach eine psychisch kranke Frau den 90-jährigen Frère Roger während des Abendgottesdienstes in der Versöhnungskirche von Taizé. Manche argwöhnten damals, dass die Gemeinschaft mit dem Tod des unbestrittenen geistigen Vaters ihre Dynamik verlieren würde. Doch die Brüder in ihren hellen Kutten setzten das Werk fort.
Der deutsche Katholik Alois Löser war 18 Jahre lang sein Nachfolger. Man habe eine ganz erstaunliche Erfahrung gemacht, hiess es einst von Prior Alois: «Dass der Tod von Frère Roger, so grausam er war, uns noch näher zusammengebracht hat in unserer Communauté, unter uns Brüdern.» Im Dezember letzten Jahres übergab Frère Alois sein Amt als Prior an den Anglikaner Frère Matthew.