Der Künstler Emeka Udemba schuf das diesjährige Hungertuch zum Thema «Was ist uns heilig?». Foto: Dieter Härtl, Misereor
Über Hände und Welten
Emeka Udemba hat das Fastentuch gestaltet
Der Maler Emeka Udemba jongliert zwischen den Welten: dem Heimatland Nigeria, dem Wohnort in Freiburg und seiner Kunst. Er hat das Hungertuch 2023 erschaffen – ein Besuch in seinem Atelier.
von Selina Stadler, kirchenbote-online.ch
Lächelnd steht Emeka Udemba an der Türe seines Ateliers in Freiburg im Breisgau und bittet mit einer einladenden Geste die Treppe hoch in sein Reich. Sein aktuelles Werk, das noch unvollendete Hungertuch, springt mit seinen kräftigen Farben sofort ins Auge. «Austausch und Diskussion», antwortet er auf die Frage, was das Hungertuch auslösen solle. «Es reicht mir nicht, wenn es einfach nur schön ist. Wenn man das Bild jeden Tag anschaut und immer etwas Neues entdeckt, öffnet sich ein Raum für den Austausch. So hat man etwas zu erzählen.»
Farbe bekennen
Gelungen ist das Gemälde voller Farben und Schnipsel allemal. Diese bilden die Grundlagen für Udembas Kunst. Er reisst Papierstücke aus Zeitungen und Magazinen, klebt sie auf die Leinwand, überklebt sie nochmals und übermalt das Ganze mit Farbe. Den Vorgang wiederholt er etliche Male. Er zeigt Udembas Interesse an Informationen und der Art zu kommunizieren. Kommunikation präge uns, meint Udemba. Auf dem Hungertuch sind Begriffe wie «Das Leben» oder «Farbe bekennen» deutlich zu lesen.
Das Bild zeigt zwei Händepaare. Männer- und Frauenhände aus verschiedenen Kulturen – trotz unterschiedlicher Grösse und Färbung von derselben Welt, die sie gemeinsam beschützen. Wovor? Udemba erwähnt den Konsumdurst der reichen Länder nach Gütern, die wir in diesem Überfluss eigentlich gar nicht brauchen. «Da wir hier alles so billig bekommen, werden die Leute in Afrika und Asien sehr schlecht bezahlt, das treibt sie in die Armut.» Alles hänge zusammen, ein Teufelskreis der Ungerechtigkeit. Hervorgehobene und gut lesbare Papierschnipsel zeigen «Darf’s noch etwas mehr sein?» oder «Das kostet die Welt».
«Was ist uns heilig?»
«Wir müssen die Welt so gestalten, dass jeder Teil der Erde die Möglichkeit hat, sich selbst zu ernähren und zu versorgen», meint Udemba weiter. Doch Dürren, Überschwemmungen und die Folgen des Klimawandels erschweren den Menschen die Saat und die Ernte. Der Titel des Hungertuchs lautet: «Was ist uns heilig?». Stellen die Schnipsel «Der Mensch», «Der Anfang» oder «Das Leben» mögliche Antworten auf die Frage dar, was uns heilig ist? Udemba lässt es offen.
Hungertuch als Tradition
Das Hungertuch geht auf den mittelalterlichen Brauch zurück, den Altar und Jesus während der Fastenzeit mit einem Tuch zu verhüllen. Ohne die Sicht auf Christus sollte auch der Geist fasten. Übrigens: Aus dem Brauch, dieses Tuch zu nähen, entstand die Redewendung «am Hungertuch nähen». Später entstand daraus durch die Verbindung mit dem Fasten das Sprichwort «am Hungertuch nagen».