Niklaus Hofer ist überzeugt: «Gott schreibt auch auf krummen Linien gerade.» Fotos: Pia Neuenschwander
... und die Hand Gottes
Niklaus Hofer ist neu Theologe im Oberaargau, er wohnt mit seiner Familie in Huttwil. Der 40-Jährige hat eine überaus bewegte Lebensgeschichte hinter sich.
Er war Gärtner, Mönch, Theologiestudent und Schüler – von St. Pölten in Österreich über Fribourg in der Schweiz bis Versailles in Frankreich. Heute ist er Theologe in Huttwil und Vater von vier Mädchen. Eine Begegnung.
Niklaus Hofer erkennt in vielem in seinem Leben die Handschrift Gottes. Seit Oktober 2017 ist der 40-jährige Luzerner mit dem abwechslungsreichen Lebenslauf Pastoralassistent in Huttwil, genauer «Verantwortlicher für die Familienpastoral» im Pastoralraum Oberaargau. Hierhin geführt hat ihn, so sagt er, die Hand Gottes.
Wunsch nach dem geweihten Leben
Aufgewachsen ist er im luzernischen Neuenkirch. Nach der Matura in Beromünster beginnt der junge Mann Ende der 1990er Jahre ein Theologiestudium in Fribourg. Es folgt eine zehnjährige Auseinandersetzung mit den Fragen des geweihten Lebens. Er wird Teil der Kommunität der Seligpreisungen in Venthône im Wallis. Das ist eine sogenannt «neue geistliche Gemeinschaft» charismatischen Zuschnitts, die sich stark am Urchristentum orientiert.
Von hier wird er für das Theologiestudium zunächst nach Österreich, später in die Heimatdiözese der Gemeinschaft nach Toulouse in Frankreich geschickt. Niklaus Hofer ist sich nicht im Klaren darüber, ob das seine Berufung ist.
Er verliebt sich. Immer wieder. Er bricht Beziehungen ab, verneint diesen Teil seines Lebens, leidet. «Das war alles sehr schmerzhaft. Ich musste zu mir ehrlich werden und einen klaren Blick der Wahrheit auf mein Leben gewinnen. Ich konnte vieles nicht einordnen», sagt er rückblickend. Er sei so überzeugt von seiner Priesterberufung gewesen, dass er für eben diese anderen Berufungen nicht offen gewesen sei. Irgendwann kam der Zeitpunkt, wo von ihm eine definitive Entscheidung erwartet wurde. «Ich wusste, es stimmt etwas nicht. Jetzt gilt es ernst», sinniert Niklaus Hofer.
Am Ende stehen der Austritt aus der Gemeinschaft und eine Starthilfe von 700 Euro. «Das geweihte Leben hat mich fasziniert, diese Nähe zum Herrn, die betende Gemeinschaft, all das schätzte ich sehr und bedeutet mir auch heute noch enorm viel und das fehlt mir teilweise schmerzlich.» Das ist ihm ganz wichtig. Er ist nicht Opfer eines Systems. Im Gegenteil. Er habe in dieser Zeit viel gelernt, über sich, über Gott. Für ihn ist das alles ein Prozess, in dessen Verlauf es darum ging, dass er ehrlich und endlich die Handschrift Gottes ergründen musste.
Andere Berufungen erkennen
Nach dem Austritt aus der Gemeinschaft fand er eine Gärtnerstelle in der Nähe von Versailles. «Ich habe gejätet und ausgebessert, ich habe gemauert und gemalt. Die theologischen Abschlüsse, die ich hatte, wurden in der Schweiz staatlich nicht anerkannt. Das habe ich dann via Fernstudium der Universität Heiligkreuz in Österreich nachgeholt.
«Und dann habe ich mich endgültig verliebt», erzählt Niklaus Hofer lachend und mit glänzenden Augen. Es folgte schon bald die Hochzeit und die Übersiedlung in die Schweiz. Die Berufseinführung absolvierte er in Bischofszell.
Niklaus Hofer überlegt mitunter lange, bevor er antwortet. «Ich kann gut zuhören und habe ein offenes Ohr. Man kann mit mir immer reden, auch wenn man mit einzelnen Aussagen oder mit theologischen Standpunkten nicht einverstanden ist. Es muss für alle stimmen, der Kompromiss ist für mich positiv», sagt er über sich selber.
Begegnungen mit Menschen
Die Familie ist ihm wichtig. Das Gebet ist ihm wichtig, der Gottesdienst. Gute Momente erlebt er in tiefen Gesprächen, «wenn sich Menschen öffnen und sich mir anvertrauen können». Dann erkennt er die Hand Gottes, in dieser konkreten Begegnung.
Die Familienpastoral, die Ministranten und Taufpastoral sind im Pastoralraum Oberaargau seine Tätigkeitsfelder. Er will Familien begleiten, sie im Glauben stützen, er will die Taufe aufwerten. «Für mich ist es wichtig, das Leben von Anfang an zu begleiten.» Das beginnt idealerweise schon mit einer Segnungsfeier für Schwangere. Das Werden einer Familie will er begleiten.
Dann die Fragen nach dem Gebet, wie man das miteinander tun kann, Erstkommunion, Kleinkinderfeiern. «Familienpastoral umfasst das ganze Familienleben», so definiert er seine Aufgaben.
Er freut sich darauf und ist gespannt, was hier in Huttwil und im Pastoralraum werden kann. Er hofft insbesondere darauf, dass er immer wieder die Hand Gottes erkennen kann. Auch in Brüchen und Verletzungen, gerade angesichts seines eigenen Lebensweges
Andreas Krummenacher