Die Qualitätsstandards der Spitäler stellen hohe Anforderungen an Seelsorgende. Foto: Harald Oppitz/KNA

Uni Bern kooperiert mit der Theologischen Hochschule Chur

01.06.2021

Alle Studiengänge für Spezialseelsorge sind neu ökumenisch getragen.

Die Theologische Fakultät der Universität Bern bietet seit 2008 Studiengänge in Spezialseelsorge an. Neu sind diese ökumenisch getragen. Katholische Kooperationspartnerin ist die Theologische Hochschule Chur.

Von Sylvia Stam

Für die Seelsorge in Spitälern, Heimen oder im Strafvollzug genügt heutzutage ein Theologiestudium nicht mehr. Diese Seelsorgenden sind Teil eines komplexen Systems und müssen dessen Qualitätsstandards einhalten. «Es sind zum Teil sehr verletzte Menschen, die den Seelsorgenden grosses Vertrauen entgegenbringen. Sie haben zu Recht den Anspruch, dass sich diese ihres Vertrauens als würdig erweisen und sorgfältig damit umzugehen wissen», sagt Isabelle Noth, Co-Direktorin des Instituts für praktische Theologie an der Universität Bern, im Interview mit dessen Online-Magazin. Wer für eine solch anspruchsvolle Tätigkeit qualifiziert sein wolle, brauche eine mehrjährige Zusatzausbildung. «Die interprofessionelle Zusammenarbeit erfordert neben methodisch-theoretischen Kenntnissen reflexive Prozesse und persönliche Entwicklungen», so Noth.

Aus diesem Grund bietet die Universität sechs Aus- und Weiterbildungen in Spezialseelsorge (AWS) mit CAS-Abschluss in sechs Spezialisierungen an: Seelsorge im Gefängnis, in Altersheimen, in Spital und Klinik, Lösungsorientierte Seelsorge, Systemische Seelsorgeausbildung sowie Clinical Pastoral Training (CPT).

Anfrage von katholischer Seite

Neu werden alle Studiengänge ökumenisch getragen, wie einer Mitteilung der Uni Bern zu entnehmen ist. Auf reformierter Seite sind die Theologische Fakultät der Uni Bern und die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, auf katholischer Seite die Theologische Hochschule Chur (THC) und die Deutschschweizer Ordinarienkonferenz in der Trägerschaft. Bisher war nur die CPT ökumenisch getragen, wie die THC Chur auf Nachfrage mitteilt. Nun würden alle Abschlüsse gemeinsam mit gleichlautender Benennung vergeben. Die Finanzierung erfolge proportional zur Anzahl Studierender. Die Module fänden mehrheitlich an der Uni Bern, einzelne auch an der THC statt. «Solche Ausbildungen in guter Qualität zu entwickeln, stellt vor hohe Anforderungen und erfordert einiges an Ressourcen. Es ist sinnvoll, diesbezüglich ökumenisch vorzugehen», heisst es dazu auf der Website der THC Chur.

«Mit der Anfrage von römisch-katholischer Seite, in alle Studiengänge unseres Weiterbildungsprogramms einsteigen zu wollen, eröffnete sich die Chance, eine zwar gemeinsame, aber doch konfessionelle Eigenheiten berücksichtigende Seelsorgeaus- und -weiterbildung in der Schweiz zu entwickeln», so Noth im Interview. Ein explizit katholisches oder reformiertes Modul gibt es demnach nicht. Seelsorgende unterschiedlicher konfessioneller Herkunft könnten nun jedoch «miteinander und voneinander lernen», so Noth. Dies dürfte umso mehr gelten, als in Spitälern und Gefängnissen ökumenische und interreligiöse Zusammenarbeit längst gängige Praxis ist.

CAS auch für nicht-christliche Seelsorgende

Die Lehrgänge sind auch offen für Geistliche und Führungspersonen aus anderen Religionen. «In einer religiös und kulturell vielfältigen Gesellschaft zeigt sich, dass das Bedürfnis nach einer Begleitung von einer der eigenen Religion zugehörigen Person wichtig sein kann», so Noth. Bislang seien es vor allem Seelsorgende aus dem Islam, aber auch aus dem Hinduismus und dem Judentum, die bereits in die AWS aufgenommen wurden. «Es handelt sich um Personen, die schon in Institutionen seelsorglich tätig sind, aber noch keine explizite Spezialseelsorge-Ausbildung absolviert haben.»

Diese haben die Möglichkeit, einen Antrag auf Zulassung zu stellen, teilt Noth auf Anfrage mit. Per «sur-dossier»-Entscheid der Programmleitung könne dann der reguläre Zugang gewährt werden. «Dabei geht es darum, nicht bloss die Kursteilnahme bestätigt zu erhalten, sondern auch regulär universitär zertifiziert zu werden (CAS = Certificate of Advanced Studies).» Laut Noth handelt es sich bei der AWS um die einzige universitäre Zertifizierungsstätte für Spitalseelsorge in der Schweiz.

Detailinformationen zu den Studiengängen finden sich auf den Websites der THC Chur und der Universität Bern.

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