«Über Missbrauch zu sprechen ist für die ganze Gesellschaft wichtig», sagt Vreni Peterer. Foto: Pia Neuenschwander

«Unsere Botschaft ist angekommen»

Drei Missbrauchsbetroffene haben dem Bischofsrat von Basel erzählt, was ihnen widerfahren ist.

Der Bischofsrat des Bistums Basel hat sich mit drei Personen getroffen, die Missbrauch überlebt haben, darunter Vreni Peterer. Die Schilderungen haben das 21-köpfige Gremium erschüttert. Es sei gelungen, die Zuhörenden zu berühren, sagt Peterer gegenüber dem «pfarrblatt».  

Sylvia Stam

«An diesem Nachmittag hatte ich wirklich das Gefühl, dass unsere Botschaft angekommen ist: Zuhören – nicht weghören, hinschauen – nicht wegschauen, und handeln», sagt Vreni Peterer gegenüber dem «pfarrblatt». Die Präsidentin der Interessengemeinschaft «Missbrauch im kirchlichen Umfeld» (IG-M!kU) nahm am 28. Februar in Delsberg am Treffen mit dem Bischofsrat des Bistums Basel teil. Nebst Peterer haben Marie-Jo Aeby (Vizepräsidentin der Westschweizer Betroffenenorganisation «Groupe SAPEC») und Walter Holenstein (Mitglied IG-M!kU) «eindringlich ihre Erfahrungen als Betroffene schwersten Missbrauchs geschildert», schreibt das Bistum in einer Mitteilung.

«Die Begegnung mit den Betroffenen – sie haben von sich als Überlebende gesprochen – hat mich sehr aufgewühlt», schreibt Edith Rey Kühntopf auf Anfrage des «pfarrblatt». Sie ist Regionalverantwortliche für die Bistumsregion St. Verena, zu welcher der Kanton Bern gehört. «Ich war überrascht, in welcher Sachlichkeit und Klarheit die Betroffenen ihre Worte fanden. Hinter den Worten aber war spürbar, welchem Grauen sie ausgesetzt waren.»

«Die Schilderungen gingen mir unter die Haut»

Bischofsvikar Georges Schwickerath hat die Begegnung als «sehr authentisch» erlebt und bewundert den Mut der Betroffenen, ihre persönliche Geschichte vor dem 21-köpfigen Gremium zu erzählen. «Die Schilderungen der Betroffenen gingen mir unter die Haut», so Schwickerath gegenüber dem «pfarrblatt». Besonders geblieben ist ihm die Aussage eines Betroffenen, dass ihm niemand geglaubt habe. «Weder in der Familie noch sonst wo konnte dieser Mensch erzählen, was ihm widerfahren ist.»

Edith Rey Kühntopf hat vor allem erschüttert, dass die Betroffenen kein Vertrauen zu anderen Menschen mehr aufbauen konnten. «Ein Leben ohne Vertrauen ist nicht wirklich lebbar. Zu Recht hat jemand von den Betroffenen gesagt: «Mein Leben ist verpfuscht.»»

Vreni Peterer hat die Begegnung als «sehr wertvoll für beide Seiten» erlebt. Prävention, so die Präsidentin der IG Missbrauch im kirchlichen Umfeld, fange mit dem Interesse an, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Die Schilderungen der Betroffenen, wie die Missbräuche das ganze weitere Leben beeinflussen, hätten den Bischofsrat und Bischof Felix Gmür sichtlich berührt.

Bei Interventionen achtsam sein

Thema des Austausch war laut Mitteilung auch, worauf bei Interventionen aus Sicht der Betroffenen zu achten sei. Auf Nachfrage erläutert Vreni Peterer:

  • Den/die Betroffene den Ort des Gesprächs wählen lassen
  • Vor dem Gespräch informieren: Wird ein Protokoll geschrieben? Wer hat nachher Zugang zu diesem Protokoll, in dem oft intime Informationen stehen?
  • Schriftlich festhalten, was nach dem Gespräch mit der Missbrauchsmeldung geschieht und den Verfahrensverlauf offen legen
  • Rund um die Uhr erreichbar sein (auch eine Combox kann in einer Krise hilfreich sein)
  • Einen Pool an Ansprechpersonen bereit stellen. Eine betroffene Person muss volles Vertrauen haben können, wenn sie über Missbrauch sprechen muss
  • Sich zwischendurch per Brief, Telefon oder Mail bei den Betroffenen melden, auch wenn  noch nicht alles geklärt ist. Selbst wenn die Information lautet: «Leider können wir Ihnen noch nichts Neues sagen, wir sind dran und melden uns unverzüglich bei Ihnen, wenn…. Falls wir in der Zwischenzeit etwas für Sie tun können, melden Sie sich bitte bei uns». Mit solchen Informationen fühlen sich Betroffene ernst genommen.

Laut Peterer haben solche Treffen auch in den Bistümern Chur und St. Gallen stattgefunden. Sie wünscht sich, dass solche Gespräche auch mit kirchlichen Mitarbeitenden an der Basis und mit anderen Menschen stattfinden könnten. «Denn das Sprechen über das Thema ist für die ganze Gesellschaft wichtig.»

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