Der Kleine Kirchenrat der Katholischen Kirche Region Bern und die einzelnen Zuständigkeitsbereiche: (v.l.n.r.) Ignaz Caminada (Finanzen/Vizepräsidium); Christa Niggli (Bau); Daniel Dossenbach (Bildung/Öffentlichkeitsarbeit/Jugend); Anton B. Zaugg (Präsidium); Michel Conus (Personal); Gerda Hauck (Soziales/Diakonie); Martin Tschirren (neu, zuständig für Pastorales). Foto: Pia Neuenschwander
Verhältnisse neu gestalten
Interview mit Anton B. Zaugg
Diesen Mittwoch tagte das Parlament der «Katholischen Kirche Region Bern». Die Exekutive (Kleiner Kirchenrat) legte an der Sitzung im Zentrum Dreifaltigkeit ihren Rechenschaftsbericht vor und konnte dabei auf positive Rechnungsabschlüsse und Mitgliederzahlen hinweisen. Im «pfarrblatt»- Gespräch erläutert Exekutiv-Präsident Anton B. Zaugg, wo der Schuh wirklich drückt, was ihn beschäftigt und wie er das Verhältnis zwischen den Kirchen und dem Kanton Bern weiterentwickeln möchte.
«pfarrblatt»: Sie haben gestern den Rechenschaftsbericht des Kleinen Kirchenrates vorgestellt. Die Zahlen sind sehr erfreulich, die Mitgliederzahlen sind erfreulich. Drückt der Schuh wirklich nirgends, gibt es nichts, was Sie beunruhigt?
Anton B. Zaugg: Das Schiff mit Namen «Katholische Kirche Region Bern» segelt zurzeit in recht ruhigen Gewässern. Das heisst, unsere «Sorgen» sind eher kleiner Natur. So zum Beispiel die Umsetzung des Projektes «Status quo optimiert»* oder die zum Teil damit verbundenen Revisionen verschiedener Reglemente. Daneben beschäftigt uns der Bericht des Regierungsrates zum Verhältnis «Kirche und Staat».
Eine neue Legislatur wurde eingeläutet. Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit dem Parlament und dessen neuer Präsidentin Ursula Jenelten Brunner?
Der Grosse Kirchenrat, die Legislative und der Kleine Kirchenrat haben verschiedene Aufgaben und auch Kompetenzen. Dem Kleinen Kirchenrat als Exekutive ist es wichtig, gegenüber der Legislative offen und transparent aufzutreten. Das Verhältnis zu Ursula Jenelten Brunner als Präsidentin ist genauso ungetrübt und kollegial wie zu deren Vorgänger Peter Müller-Boschung. Ein ungetrübtes Verhältnis der beiden Präsidien untereinander ist Voraussetzung für eine erspriessliche Arbeit für unsere Kirche.
Welche neuen Ziele hat sich der Kleine Kirchenrat gesetzt?
Es ist dies einerseits die Umsetzung des Projektes «Status quo optimiert», das die Räte der einzelnen Kirchgemeinden und auch die Pfarreiadministration bedeutend entlasten soll. Dann diskutiert der Kleine Kirchenrat als mögliches neues Legislaturziel Fragen um mehr Bescheidenheit in unserer Kirche. Ein möglicher Arbeitstitel dabei könnte heissen «die Katholische Kirche Region Bern wird diakonischer ». Den Ansporn dazu gibt uns Papst Franziskus.
Die kirchlichen Zentren scheinen benutzt und ausgelastet. Täuscht dieser Eindruck? Stehen auch in Bern Umnutzungen an?
Die Umsetzung des PEP-Prozesses, die auch gemeinsame Gemeindeleitungen innerhalb des gleichen Pastoralraumes zur Folge hat – nicht zuletzt auf Grund des Mangels an Priestern und Gemeindeleitenden – erzeugt auch Synergien. Dies kann zur Folge haben, dass in kirchlichen Zentren Räume anders genutzt werden können. Hier ist der Kleine Kirchenrat für die weitere Planung mit der pastoralen Seite, sprich Dekanatsleitung, im Gespräch.
Franz Erni ist aus dem Kleinen Kirchenrat zurückgetreten. Mit Martin Tschirren haben Sie sehr rasch einen profilierten Nachfolger gefunden. Wer ist Martin Tschirren und wie gelingt es Ihnen doch immer wieder Menschen für diese Aufgabe zu finden?
Die verschiedenen Kommissionen der Gesamtkirchgemeinde – Personalkommission, Finanzkommission oder die Kommission für Entwicklungshilfe und Missionen, um nur drei zu nennen – sind ausgezeichnete Reservoirs für die «Rekrutierung» von Mitgliedern in die Exekutive der Gesamtkirchgemeinde. Martin Tschirren hat sich in der «Freiwilligenarbeit » unserer Kirche auf verschiedenen Ebenen und in Gremien immer wieder sehr engagiert. Der Nachfolger von Franz Erni ist Vizedirektor des Schweizerischen Städteverbandes.
Das Verhältnis von Kirche und Staat stand in den letzten Wochen im Fokus. Die Berner Regierung möchte sich in kleinen Schritten von den Kirchen lösen und beispielsweise die Pfarrpersonen nicht mehr selber anstellen. Wie haben Sie ganz persönlich die Diskussionen erlebt?
Sehr kontrovers. Der Bericht des Regierungsrates zeigt in eine Richtung, wie sich das Verhältnis von Kirche und Staat künftig gestalten könnte. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass andere Zeiten anbrechen und andere Meinungen in einer säkularisierten Gesellschaft aufkommen und diskutiert werden müssen. Festhalten an sogenannt «Wohler worbenem» kann es nicht sein. Die Kirchen tun gut daran, in einen konstruktiven Dialog zu treten und gemeinsam nach einer Neugestaltung des Verhältnisses Kirche und Staat zu suchen.
Sind Sie nun in die Vernehmlassung involviert? Es gab ja eine Einladung der Regierung, Vorschläge einzubringen ...
Die Römisch-katholische Landeskirche hat den Kontakt zu den Kirchgemeinden aufgenommen. In einem Fragenkatalog versucht diese, die Stimmung an der Basis zu erfahren. Die zwölf Kirchgemeinden unserer Gesamtkirchgemeinde wie auch der Kleine Kirchenrat werden die Fragen beantworten. Diese dienen der Landeskirche, ihren Standpunkt gegenüber der Regierung zu untermauern.
Neben dem Bericht der Regierung gibt es einen unabhängigen Expertenbericht zum besagten Verhältnis Kirche und Staat, der eine Art Gesamtschau bietet. Dieser Bericht wurde mehrheitlich positiv bewertet. Teilen Sie diese Einschätzung?
Wie schon gesagt, das Beharren auf Althergebrachtem kann es nicht sein. Der Expertenbericht kann eine gute Basis für die anstehenden Gespräche und Beratungen darstellen.
Was wäre für Sie eine ideale Weiterentwicklung dieses Verhältnisses?
Es braucht eine neue Form der Zusammenarbeit von Kirchen und Staat. 75 Prozent der Bevölkerung des Kantons Bern gehören einer Landeskirche an. Von diesen dürften meiner Meinung nach nochmals mehr als die Hälfte in einem distanzierten Verhältnis zu ihrer Kirche stehen. Es kann doch nicht sein, dass mit Steuergeldern der restlichen 25 Prozent auch die Pfarrer besoldet werden. Andererseits gilt es aber auch, die Leistungen der Kirchen im diakonisch- sozialen Bereich oder in kulturellen Belangen aufzuzeigen. Hier wird der Staat ganz wesentlich finanziell entlastet und sollte dies den Kirchen auch angemessen abgelten.
Interview: Andreas Krummmenacher
@Bericht und Hintergrundinformationen zum Verhältnis Kirche und Staat finden Sie online unter www.pfarrblattbern.ch
*Das Projekt «Status quo optimiert» soll die Zusammenarbeit zwischen den örtlichen Kirchgemeinden und der Verwaltung der Gesamtkirchgemeinde Bern optimieren. Der Optimierungsbedarf bezieht sich hauptsächlich auf die Bereiche Finanzen, Bau und Personal. Die Umsetzung soll Ende 2015 abgeschlossen sein.