Pfarreileiter Manuel Simon vor der Auferstehungskirche in Konolfingen. Der aus Deutschland stammende 38-jährige Theologe lebt seit 2013 im Pfarrhaus nebenan mit Ehepartnerin Katrin und den gemeinsamen Kindern Amélie, Valentin und Jaron. Foto: zVg
Von spirituellen Bedürfnissen im Emmental
Zum Kirchenjubiläum in Konolfingen ein Gespräch mit Pfarreileiter Manuel Simon.
Mit einem Festgottesdienst um 10.00, anschliessendem Apéro und Mittagessen feiert die Pfarrei Konolfingen am kommenden Sonntag, 26. November, das 50-jährige Bestehen ihrer Kirche. Das «pfarrblatt» sprach mit Gemeindeleiter Manuel Simon über den mutigen Kirchenbau und die Herausforderungen einer weit verstreuten Pfarrei.
«pfarrblatt»: 1968 war eine Zeit des gesellschaftlichen Aufbruchs, auch in Katholisch-Konolfingen?
Manuel Simon: Hier wollten Frauen und Männer aus katholischen Stammlanden wie dem Wallis und der Innerschweiz eine Kirche bauen. Also eher keine Revoluzzer, sondern angesehene Persönlichkeiten im Dorf: ein Zahnarzt oder Direktoren der Berner Alpenmilchgesellschaft, der späteren Nestlé.
Das Gebiet war Teil der Pfarrei Burgdorf?
Ja, Gottesdienste wurden im Sekundarschulhaus in Stalden gefeiert und kurze Zeit im Säli der reformierten Kirche in Konolfingen. Man war dankbar fürs Gastrecht, aber es wuchs der Wunsch nach einer eigenen Kirche. Über ein Jahrzehnt lang sammelten die Leute Geld für ein Bauprojekt, verkauften an Basaren Selbstgestricktes, der Pfarrer hielt Bettelpredigten.
Vor dem Kirchenbau bestand bereits eine Gemeinde?
Das war ausschlaggebend für den Kirchenbau. Deshalb rücken wir am Jubiläum nicht das Gebäude ins Zentrum. Aber wir sind dankbar für die Infrastruktur. Sie hat uns in den letzten Jahrzehnten geholfen, Menschen zusammenzubringen und in Konolfingen zu beheimaten. Seit 50 Jahren gehen hier Generationen ein und aus und feiern miteinander ihren Glauben.
Die Kirche mit ihrem hohen Dach ist speziell?
Die Architektur erinnert an ein Zelt, etwas Mobiles, Luftiges, Bewegliches. Beton als Material entspricht nicht ganz der Grundidee, aber verleiht Stabilität. Den Kirchenraum ziert ein über 250-jähriges Kreuz aus Sachseln, ein Geschenk von Pfarreiangehörigen. Wenn das Morgenlicht durch die hohen Fenster fällt oder die Kirche im Winter innen leuchtet, wirkt es beruhigend. Nichts lenkt ab, man kann zur Ruhe kommen, zu sich selbst und zu Gott finden.
Sie haben viele Einzelbesucher in der Kirche?
Die Kirche ist tagsüber offen. Grosseltern besuchen mit ihren Enkeln die Kirche und zünden eine Kerze an. Familien freuen sich, im Advent die Krippe zu besuchen. Unter der Woche haben wir wohl mehr Besucherinnen und Besucher als an manchem Sonntag – das ergänzt sich. Viele Menschen sehen in der Kirche einen besonderen, heiligen Raum. Spirituelle Bedürfnisse gehen über die Konfession hinaus. Viele Reformierte besuchen uns.
Die Pfarrei ist weit verstreut?
Auf unserem Gebiet liegen sieben reformierte Kirchgemeinden. Für die etwa 2200 Mitglieder in über 20 politischen Gemeinden ist es nicht einfach, sich als Pfarrei zu verstehen. Die Menschen müssen bewusst hierher kommen. Auch in der Katechese braucht es den Entscheid der Eltern, die Kinder in den Religionsunterricht zu bringen. Deshalb schätze ich es sehr, wenn hier eine Familie ihr Kind taufen lässt, ein Paar heiratet oder ein Krankenbesuch ansteht. Ich gehe gerne zu den Leuten nach Hause.
Doch die Freiwilligenarbeit lebt?
Initiative Leute haben den claro-Laden in Grosshöchstetten aufgebaut und die Pfarrei mit seiner Idee vertraut gemacht. Über die Jahre ist das Verständnis gewachsen, dass der faire Handel etwas mit uns Christen zu tun hat. Wir stecken auch fünf Prozent unseres Budgets, um 25 000 Franken, in Entwicklungsarbeit und Missionen. Wir stellen auch Räume kostengünstig zur Verfügung zum Beispiel für Sprachkurse für Flüchtlinge. Diakonie gehörte schon immer zu den Kernaufgaben der Kirche.
Was bringt die Zukunft?
Es war damals mutig, unsere Kirche zu bauen. Eine kleine Gemeinschaft hat einen grossen Bau realisiert – mit persönlichem Engagement. Dies sollte uns inspirieren, ebenfalls mutige Entscheide zu treffen. Heute sind die Kirchenräume für uns eher zu gross. Können sie vermehrt diakonischen Zwecken dienen? Erfüllen sie ökologische Massstäbe? Bauen wir sie um – im Sinne der Enzyklika «Laudato si» von Papst Franziskus – zur Verringerung des ökologischen Fussabdrucks? Überhaupt sind wir unterwegs mit der Frage, wie wir als Pfarrei im 21. Jahrhundert weitergehen in dieser sich stark verändernden Gesellschaft.
Interview: Karl Johannes Rechsteiner