Foto: Christine ten Winkel / photocase.de
Vormachen, vorspielen
Bistumskolumne von Markus Thürig
Januar, ich schaue voraus. Ich plane Vorhaben, mache mir Vorsätze. Bald wird die Realität die Gedanken einholen: «Ich habe mir etwas vorgemacht. » Dem Vorausschauen folgt Nachsicht – mit mir selbst; denn ärgern hilft nicht. Eigene Grenzen erkennen und annehmen, befreit und belebt. Das gilt auch für Verständigung.
Mich fasziniert Verständigung. Antoine de Saint-Exupery schreibt in «Der kleine Prinz»: «Die Sprache ist die Quelle aller Missverständnisse.» Ja, was ich sage, stimmt nicht mit dem überein, was ich sagen will. Ich halte Informationen zurück, ergänze aus meinem Gedächtnis, übertreibe und dramatisiere. Beim Sprechen nichts vorspielen, fordert strenge Selbstdisziplin. Ja, wenn ich zuhöre, höre ich nicht, was gesagt werden will. Ich kann etwas überhören (wollen). Ich verbinde mit bestimmten Worten, was sie mir bedeuten, und missverstehe. Ich nehme eine Aussage als Appell wahr und reagiere emotional. Verständigung ist weit mehr als Sprechen und Hören. Es ist eine Herzensangelegenheit und eine Willenssache.
Kirche lernt Synodalität. Hören, verständigen, erwägen, entscheiden (lassen) ringt den Beteiligten auch eine Auseinandersetzung mit sich selbst ab. Wer eigene Grenzen und die darin verborgene Verletzlichkeit kennt, wird synodal, dazugehörig.
Markus Thürig, Generalvikar