Bruder Rudolf (Bild) erinnert an Pater Erwin Schollmeyer, der von 1965 bis 1992 auf dem Hülfensberg im Franziskanerkloster lebte und als dessen Hüter gilt. Foto: zVg
Warum trotzt ein Ordensmann dem Staat?
Im thüringischen Eichsfeld lebte zu DDR-Zeiten im Wallfahrtsort Hülfensberg nur noch ein einzelner Franziskaner. Erfolgreich verhinderte Pater Erwin unermüdlich die Schliessung seines Klosters.
Der 448 Meter hohe Hülfensberg liegt im Landkreis Eichsfeld in Deutschland, nahe der ehemaligen innerdeutschen Grenze – zu DDR-Zeiten mit Sperrzone samt Grenzzaun und Todesstreifen. Auf dem Plateau des Hülfensbergs steht das Franziskanerkloster, in dem Pater Erwin die Stellung hielt. Nur ab und zu schafften es Anwohner, eine Genehmigung zu ergattern, um das Kloster zu besuchen. Erwin Schollmeyer blieb alleine im Einkehrkloster. Vom streitbaren Mönch erzählt Bruder Rudolf, der heute mit vier Ordensmännern dort lebt. Im Herbst 1989 kämpfte auch Hülfensberg für die Wende. 3000 Menschen zeigten Widerstand, als sie mit Kerzen zum Kloster auf den Berg zogen – vorbei an verwirrten DDR-Grenzposten. Pater Erwin habe mit der Stasi gekämpft, die das Kloster auflösen wollte. Es war ziviler Ungehorsam. «Denn der Orden hatte den Hülfensberg aufgegeben», berichtet Bruder Rudolf. «Doch Pater Erwin stand treu zum Glauben.» Und er schmunzelt: «Erwin erkannte Stasimitarbeiter an ihrem fabrikneuen Gesangbuch.» Während der DDR-Zeiten liess er oft das riesige, von Weitem sichtbare Konrad-Martin-Kreuz elektronisch leuchten, um Hoffnung zu säen. Das wollten die Funktionäre verbieten. «Er antwortete nur, damit gedenke er der Verstorbenen», erinnert Bruder Rudolf an den kreativen Widerstand des Franziskaners. Die Kraft dafür habe Erwin auch aus der Geschichte bekommen. Sein Orden führte vor der Reformation über 100 Häuser im Osten und verlor fast alle durch die Reformation. «Erwin dachte wohl, wenn der Orden das überlebte, gehe auch die DDR vorbei.» Dankbar schaut Bruder Rudolf auf Erwins Lebenswerk zurück: «Die Wiedervereinigung hat er dann Gott sei Dank noch miterlebt.»
Hinweis: www.huelfensberg.de