Wo müssen wir als Kirche neue Wege gehen? Der Synodale Prozess wirft Fragen auf. Foto: Javier Allegue Barros/unsplash
Was Pfarreien aus dem synodalen Prozess mitnehmen
Drei Seelsorgende über die Umfrage «Wir sind Ohr»
Mehrere Berner Pfarreien hatten zur gemeinsamen Teilnahme an der Umfrage «Wir sind Ohr» aufgerufen. Drei Verantwortliche haben dem «pfarrblatt» berichtet, was Pfarreimitglieder diskutiert haben und was sie für ihre Pfarrei mitnehmen.
von Sylvia Stam
«In den Gruppen kamen Leute miteinander ins Gespräch, die sich nicht alle kannten», erzählt Edith Zingg. «Dass sie in dieser Zusammensetzung miteinander über ihr Kirchenverständnis diskutierten, war neu und spannend, ein Gewinn für die Pfarrei!» In der Pfarrei Guthirt Ostermundigen, die sie leitet, haben vier Gruppen zu etwa je sechs Personen gemeinsam über die zehn Themenfelder des Bistums diskutiert.
Aha-Erlebnisse bei Jüngeren
Inhaltlich habe sie «erschütternd viel» Enttäuschung und Frustration wahrgenommen, weil sich so wenig verändere in der katholischen Kirche. Dies insbesondere bei Gläubigen, welche die Synode 72 erlebt hätten. Das habe bei Jüngeren zu Aha-Erlebnissen geführt, die nicht gewusst hätten, dass ähnliche Reformdiskussionen schon vor 50 Jahren stattgefunden haben.
Dies bestätigt auch Manuel Simon, Leiter der Pfarrei Maria Himmelfahrt in Burgdorf. Hier sei lediglich eine Gruppe von rund sechs Personen zusammengekommen. Auch die niedrige Teilnehmer:innenzahl auf Bistumsebene – 5400 bei rund einer Million Katholik:innen im Bistum Basel – deutet er als fehlende Zuversicht, «dass es wirklich zu nennenswerten Veränderungen kommen wird».
Tolle Basis – unglaubwürdiger Vatikan
Die Gläubigen aus Ittigen und Ostermundigen hätten – ähnlich wie im ganzen Bistum - einen Graben zwischen der Kirche als Organisation und der Basis der Gläubigen festgestellt, erzählt Zingg. «Was ihr hier in der Pfarrei macht, ist toll, aber was im Bistum und im Vatikan geschieht, ist unglaubwürdig», solche Aussagen seien immer wieder gefallen.
Die Glaubwürdigkeit der Kirche ist auch Nicolas Betticher, Priester und Leiter der Pfarrei Bruder Klaus in Bern, ein grosses Anliegen. Hier wurden die Pfarreiangehörigen auf andere Weise zu ihren Anliegen befragt: «Wir haben vor der Kirche eine Klagemauer errichtet». An fünf Wochenenden habe die Messe jeweils bei dieser Klagemauer begonnen. Rund 100 Personen seien der Einladung gefolgt, bei dieser Mauer ihre Klagen und Wünsche für eine glaubwürdige Kirche schriftlich zu deponieren. «Aus diesen Rückmeldungen haben wir einen Bericht verfasst, den wir ans gfs Bern geschickt haben», so Betticher.
Rituale wiederentdecken
Inhaltlich spiegelten diese die Resultate des Bistums: Kritisiert werde etwa die hierarchische Führung der Amtskirche, in der wenige Kleriker entscheiden. Entsprechend wünschten sich die Pfarreimitglieder mehr Teilhabe an Entscheidungsprozessen und den gleichberechtigten Einsatz von Laien, Frauen und Männern, in der Verkündigung und in sakramentalen Diensten.
Deutlich wurde auch der Wunsch nach einer erneuerten Sprache für die Liturgie und der kirchlichen Kommunikation überhaupt. «Die Sprache des Evangeliums muss neu entdeckt werden. Jesus hat die Menschen angeschaut, sie berührt.» Hier will Betticher anknüpfen und spricht von einer «Neuentdeckung der Rituale». Die katholische Kirche verfüge über einen reichen Schatz an Segnungs- oder Heilungsritualen wie etwa die Feldersegnung oder die Handauflegung. Diesen Schatz möchte Betticher mit seinem Team wiederbeleben.
Entscheide aus Rom
Edith Zingg wird Synodalität in ihrer Pfarrei weiterhin ein Anliegen sein. Auch im Hinblick auf schwer zu besetzende offene Stellen plant sie, gemeinsam mit den Gläubigen der Frage nachzugehen: «Was wollen wir als Kirche? Wo müssen wir neue Wege gehen?»
Bescheidener ist die Hoffnung von Manuel Simon und seinem Pfarreiteam. Dennoch lässt auch er erkennen, dass verloren gegangenes Vertrauen in die Institution Kirche wieder keimen könnte. Dazu wünscht er sich jedoch zuerst «ermutigende Signale und Entscheide» aus Rom.