Foto: Hanspeter Bärtschi, Bistum Basel

Weihbischof Denis Theurillat wünscht Konzil zur Frauenfrage

21.09.2020

Der «Bischof für Bern» feiert seinen 70. Geburtstag.

Er ist der Mann, dem die Frauen vertrauen: Denis Theurillat. Am 21. September feiert der Weihbischof des Bistums Basel und residierender Domherr des Standes Bern seinen 70. Geburtstag. Warum er ein Konzil befürwortet, mehr Tempo in der Ökumene will – und auch als Mönch glücklich wäre.

Raphael Rauch, kath.ch

Es sollte sein grosser Tag werden: das historische Treffen von katholischen Frauen mit den Bischöfen. Monatelang hatte Weihbischof Denis Theurillat darauf hingearbeitet. Seine Kollegen in der Bischofskonferenz überzeugt. Sich mit den Frauen abgestimmt. Doch im Leben verläuft nicht alles nach Plan.

Weihbischof fällt von der Bühne

Vor einer Woche in Bern: Denis Theurillat probt seinen Auftritt auf einer Podiumsdiskussion. Bern ist für ihn ein Heimspiel, er ist Domherr des Kantons Bern in Solothurn. Doch plötzlich macht es Rums. Denis Theurillat fällt von der Bühne, muss ins Spital. Mittlerweile ist er zurück in Solothurn. Die Operation hat er gut überstanden. Doch es braucht noch viel Zeit, bis das Ellenbogengelenk wieder schmerzfrei funktioniert.

Das erste Treffen der Bischöfe mit den Frauen hat Denis Theurillat letzte Woche nur aus der Ferne mitverfolgt. Doch in Gedanken war er dabei. Er will sich dafür einsetzen, dass Papst Franziskus von dem Treffen erfährt: «Ich fände eine Interpellation gut. Und beim Ad-limina-Besuch im Januar werde ich den Papst persönlich darüber informieren.»

Der Weihbischof ist kein Feminist

Schweizer Frauen geraten selten ins Schwärmen, wenn es um katholische Bischöfe geht. Über Denis Theurillat ist die Frauenbund-Präsidentin Simone Curau-Aepli aber voll des Lobes: «Er hat das Treffen mit den Bischöfen erst möglich gemacht.»

Dabei ist Denis Theurillat kein Feminist. Ihm ist suspekt, was zu laut und zu fordernd daherkommt. Er mag lieber die leisen Zwischentöne. Seine Wortwahl: bedacht, abwägend, differenziert. Sein Naturell: zurückhaltend. Sein französischer Akzent: sympathisch. Seine Stimme: angenehm. Bei heiklen Themen wie der Weihe für Frauen wechselt er ins Französische.

Theurillat warnt vor einem Schisma

«Pour parler Klartext», sagt Denis Theurillat: «Das ist eine Fangfrage.» Ein «Ja» zur Frauenfrage würde die Konservativen brüskieren; ein «Nein» die Frauen enttäuschen. Stattdessen favorisiert er im Gespräch mit kath.ch ein Konzil.

Und warum? «Pour parler Klartext», wiederholt Denis Theurillat, und sagt: «Die Fakten liegen auf dem Tisch, die Zeit ist reif. Alle Bischöfe der Welt sollten zusammenkommen und entscheiden: Ja oder Nein.» Die Frauenfrage solle Papst Franziskus nicht alleine regeln. «Sonst erleben wir ein Schisma.» Am Konzil würde er gerne als Bischof teilnehmen. «Und falls ich das nicht mehr erlebe, schaue ich halt vom Himmel aus zu.»

Mehr Tempo wünscht er sich auch in der Ökumene. Denis Theurillat engagiert sich in der
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in der Schweiz und würde gerne mit den Reformierten Eucharistie feiern. Doch Rom hat dem erst gestern wieder eine Absage erteilt.

Der Lohn kommt vom Kanton Bern

Im Leben verläuft nicht alles nach Plan. Diese Erfahrung hat Denis Theurillat schön öfter gemacht. Zu den traurigen Momenten gehört der Tod seiner siebenjährigen Nichte. Und der Tod seines jüngsten Bruders im Alter 25 Jahren: «Ich denke oft an meinen Bruder Alain. Wenn ich in meiner Arbeit schwierige Momente habe, sage ich: ‹Alain, Hilf mir!›»

Doch der Weihbischof kennt auch viele schöne Überraschungen, etwa die Ernennung zum Domherrn des Kantons Bern: «Ausgerechnet ich als Jurassier in Bern! Ich war mir nicht sicher, ob das zu meiner jurassischen Identität passt.» Seit 20 Jahren ist er «Residierender Domherr des Standes Bern», wie der Titel korrekt heisst. Ein angenehmer Nebeneffekt: Er erhält seinen Lohn direkt vom Kanton Bern.

Mit Bischof Felix plötzlich ein jüngerer Chef

Eine weitere Überraschung: die Ernennung zum Weihbischof. «Als der damalige Bischof Kurt Koch mich fragte, habe ich gesagt: Lieber Bischof Kurt, du klopfst an der falschen Tür. Ich bin Priester und möchte Priester bleiben.» Nach ein paar Tagen Bedenkzeit sagte er dann doch Ja.

Die Zusammenarbeit mit Kurt Koch sei einwandfrei gewesen, beide sind derselbe Jahrgang. Dann wurde Koch Kardinal in Rom, der 16 Jahre jüngere Felix Gmür wurde neuer Bischof. «Das war schon eine Umstellung», sagt der Weihbischof, und gibt zu: «Es ist nicht einfach, einen jüngeren Chef zu haben.» Doch sie ziehen an einem Strang – auch in der Frauenfrage.

Bischof statt Mönch

«Ich habe das Leben gern», sagt der Weihbischof. Er isst gerne Cremeschnitte. Als barocke Figur tauge er aber nicht – eher als kontemplative. Das Gebet ist auch das, was er im neuen Lebensjahrzehnt vertiefen möchte. «Das klingt egoistisch, aber ich brauche mehr Zeit für mich und meine Spiritualität. Wie ist Gott? Was erwartet Gott von mir? Wie kann ich mich auf das Treffen mit Gott von Angesicht zu Angesicht vorbereiten?» Diese Fragen beschäftigten ihn. Dafür brauche er viel Zeit.

Diese Fragen hätten auch gut zu einem Mönchsleben gepasst. Als er Bischof wurde, schrieb eine jurassische Zeitung: «Er wollte Mönch werden – und wurde Bischof.» Nun ist es umgekehrt: Der Bischof möchte ein kontemplativeres Leben führen. Seit bald 40 Jahren gehört er zur Gemeinschaft Charles de Foucauld. Auch hier lebt er seinen Wahlspruch: das Evangelium wagen. Auch dann, wenn es nicht immer nach Plan läuft.


Denis Theurillat wurde vor 70 Jahren in Epauvillers im Kanton Jura geboren. Er studierte am Kollegium von Saint-Maurice und an der Universität Freiburg (CH). 1975 wurde er zum Diakon, 1976 zum Priester geweiht. 1997 wurde er Bischofsvikar für den französischsprachigen Teil des Bistums Basel. Seit 2000 ist er Weihbischof des Bistums Basel und residierender Domherr des Standes Bern. (rr)


Denis Theurillat schwärmt vom Papst-Besuch in Bern

Früher waren Sie Jugendbischof. Was war da Ihr Highlight?

Theurillat: Als Jugendbischof habe ich die Weltjugendtage in Toronto, Köln, Sydney und Rio in bester Erinnerung. Und natürlich den Besuch von Papst Johannes Paul II. 2004 in Bern. Der Papst wollte unbedingt mit der Schweizer Jugend zusammenkommen. Noch heute schwärmen Jugendliche von dem Treffen und sagen: «Das werden wir nie vergessen.»

Warum muss sich die Kirche mehr um die Frauen kümmern?

Weihbischof Denis Theurillat: Weil die Kirche ohne die Frauen keine Zukunft hat. Neulich war ich in einer Pfarrei zur Firmung. Dort haben vier Frauen in der Sakristei auf mich gewartet. Kein Mann war da: kein Priester, kein Diakon, kein Pastoralassistent. Vieles in der Kirche hängt schon heute von den Frauen ab.