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Weihnachtskommerz, der –

11.12.2019

Weihnachten: Kommerz und/oder Fest der Liebe?

Pünktlich wie der Weihnachtsmann, wenn nicht pünktlicher, klopft er an die Tür: der schamlose Weihnachtskommerz.

Es wäre jetzt natürlich leicht, das ewiggleiche kulturpessimistische «Früher war alles besser»-Lied anzustimmen, wie es meistens geschieht, wenn von Weihnachtsstimmung die Rede ist. Jaja, früher waren wir besinnlicher, haben wir lauter gesungen, und alle haben noch tatsächlich an den Weihnachtsmann geglaubt. Stimmt das wirklich? Haben die Kinder früher tatsächlich lieber gesungen, waren lieber besinnlich, waren die Geschenke wirklich viel weniger wichtig? Und wenn ja – ist das die Schuld der heutigen Kinder? Es ist wahr, die christliche Bedeutung von Weihnachten ist am Schwinden. Wobei ja die Frage bleibt, was denn die christliche Bedeutung von Weihnachten überhaupt ist. Mit dem Beinamen «Fest der Liebe» ist das Programm schon irgendwie benannt: Es geht ums Lieben, um das Zeigen der Liebe. Wo vorher Hemmungen waren, wo der Alltag war und Liebesbezeugungen fehl am Platz, sollte jetzt mal Klartext gesprochen und gesagt werden: Ich liebe dich.

Hier darf der Weihnachtszirkus kritisiert werden. Die konsumorientierte Mentalität, die aus allem eine Ware macht, macht auch vor der Liebe nicht halt. Das Problem, das sich mit Weihnachten präsentiert, ist also nicht, dass die Menschen verlernen, was Weihnachten bedeutet – sondern dass uns eingetrichtert wurde, dass die Liebe im gemeinsamen Konsumieren von Weihnachten zelebriert werden muss. Das haben uns unsere Eltern und Grosseltern vorgelebt, und das hat meine Generation verinnerlicht. Wir lieben heute nicht weniger, wir sind nicht weniger gerne besinnlich, und wir sind nicht egoistischer geworden. Meine Generation könnte aber mal einen Strich ziehen und unseren Eltern und Grosseltern sagen: Wir wollten gar nie, dass ihr immer mehr Geschenke kauft für uns. Nehmt lieber länger Weihnachtsferien, und macht all die Dinge mit uns, die ihr auch gerne gemacht habt als Kinder. An die Geschenke erinnern wir uns spätestens mit dreissig sowieso nicht mehr.

Sebastian Schafer