«Schau, was die Leute brauchen»: Bischof Robert Miranda. Foto: Missio
Weltmissionssonntag
«Die Menschen sehen, dass wir keine persönlichen Interessen haben. Was wir tun, tun wir für die Menschen. Das wird sehr geschätzt.» Bischof Robert Miranda über seine Arbeit als Missionar in Gulbarga.
Erst vor 12 Jahren wurde die Diözese Gulbarga im Süden Indiens gegründet. Einer der ersten Missionare war Robert Miranda. Heute ist er ihr Bischof. Im Monat der Weltmission stehen Bischof Miranda und seine Diözese im Zentrum. Sie sind ein Beispiel dafür, wie die Kirche in Indien dem Leben dient.
«Die Kirche orientiert sich immer am Dienst an den Menschen», erklärt Bischof Robert Miranda, ein ruhiger und bescheidener Mann. Er ist nicht nur der erste Bischof des Bistums, sondern auch sein erster Missionar. Zweifel kamen in ihm auf, als ihn sein Heimatbischof im 1000 km entfernten Mangalore als Missionar nach Gulbarga schicken wollte.
Gerade erst vier Jahre war er Priester und hatte keine Erfahrung mit der Mission. Nach einer Zeit der Entscheidung sagte er schliesslich zu und machte sich 1982 in eine ungewisse Zukunft auf. Dem Bischof hatte er das Versprechen abgerungen, dass er immer einen Begleiter haben könne. Als Missionar hatte er für die Reise nur drei Kleider im Koffer, seine Bibel und noch ein paar Bücher. Mehr nicht. Der Auftrag des Bischofs für den Beginn war klar: «Während des ersten Jahres tust du nichts und lässt den Ort auf dich wirken. Schau einfach, was die Leute brauchen.»
Mit offenen Augen und Ohren lernte er die Kultur kennen und wie die Menschen dort miteinander leben. Denn eine Mission braucht einfach Zeit, keinen Aktionismus. Vier katholische Familien lebten bereits dort. Ihre Arbeit hatte sie dorthin gebracht. Etwa 20 Personen kamen anfangs zum Gottesdienst am Sonntag. Sie lebten in einer extremen Minderheitssituation.
«Am Anfang war es sehr schwierig», erinnert sich Bischof Miranda, «weil wir niemanden kannten.» Das änderte sich aber schnell. «Wir gingen hinaus, grüssten die Leute, sagten ‹Namaste› und stellten uns vor. Das war alles.» Vor allem zu den methodistischen Christen, die dort wohnten, konnten sie rasch eine gute Beziehung aufbauen. An Bischof Miranda wird deutlich, wie sehr die Kirche in seinem Bistum am Dienst an den Menschen orientiert ist: «Der Dienst ist der Ausgangspunkt, von dem alles ausgeht.»
Viele Einrichtungen mit kirchlicher Trägerschaft stehen allen Menschen offen, so das Mutter-Teresa Spital, ein Entzugsprogramm für Alkoholabhängige, Sozialeinrichtungen und die vielen Internate und Schulen. «Die Menschen sehen, dass wir keine persönlichen Interessen haben. Was wir tun, tun wir für die Menschen. Das wird sehr geschätzt.»
Und die Bewohner stellen fest, dass nur die katholische Kirche solches leistet. So werden zum Beispiel die HIV-positiven Kinder von ihren Familien wie Leprakranke verstossen, aber in einem Heim der katholischen Kirche aufgenommen. «Das ist es, was die Leute sehen.» Mindestens eine halbe Million Einwohner hat die Stadt Gulbarga im Süden Indiens.
Innerhalb von drei Jahrzehnten ist aus einer Gemeinschaft von vier katholischen Familien eine Diözese entstanden mit rund 8000 Gläubigen. In der Diözese sind rund 60 Priester und über 200 Ordensfrauen tätig. Mit der Kollekte vom Weltmissionssonntag wird ihr Dienst an den Menschen unterstützt. Über der Kirche in Indien schwebt aber das Damoklesschwert der hinduistischen Zentralregierung. Diese versucht, den Hinduismus mit Indien gleichzusetzen, und beginnt den säkularen Staat zu untergraben.
Christenfeindliche Tendenzen nehmen zu, obwohl die Mehrheit der Hindus religiös durchaus offen ist. In diesem Kontext muss die Kirche sehr behutsam und weitsichtig agieren, wenn sie den Weg der Evangelisierung als zentrales Anliegen weiterhin beschreiten will. Sie will eine Kirche der Armen für die Armen bleiben.
Siegfried Ostermann, Missio