Krankheitskosten können schmale Budgets sprengen. Foto: zVg
Wenn Armut krank macht
Verschiedene Studien belegen, dass sozialer Status und Gesundheit zusammenhängen.
Hängen sozialer Status und Gesundheit zusammen? Verschiedene Studien belegen, dass arme Menschen in der Schweiz häufiger krank sind und weniger lang leben. Der Caritas-Bern-Sonntag 2020 befasst sich damit, dass Armut ein Krankheitsrisiko und Krankheit ein Armutsrisiko ist.
von Hana Kubecek, Caritas Bern
In unserer Gesellschaft ist die Meinung verbreitet, dass der Grund vieler Krankheiten im persönlichen Fehlverhalten der Betroffenen liegt. Verschiedene Studien zeichnen jedoch ein anderes Bild: Sie belegen, dass die Gesundheit einer Person stark von ihrem sozio-ökonomischen Status abhängt, vom Bildungsgrad, vom Beruf und vom Einkommen.
In der Schweiz sind 1,2 Millionen Menschen armutsbetroffen oder -gefährdet. Die Betroffenen haben nicht genügend Geld, um ihren Grundbedarf zu decken, und Mühe, ihre Rechnungen zu bezahlen. Die steigenden Krankenkassenprämien zehren einen immer grösseren Teil ihres geringen Einkommens auf. Bei Krankheit und Unfall kommen zusätzliche Kosten dazu, was oft der Auslöser für eine Schuldenspirale ist. Patient*innen müssen trotz obligatorischer Grundversicherung bei einem Unfall oder einer Krankheit einen beträchtlichen Teil der Gesundheitskosten selber bezahlen. Das kann das Budget von Haushalten mit tiefen Einkommen rasch sprengen.
Untersuchungen der Berner Fachhochschule zeigen, dass Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen langfristig stärker gefährdet sind, arm zu sein. Sie arbeiten aufgrund ihres Leidens häufiger Teilzeit in schlecht entlöhnten Berufen und verdienen so weit weniger als der Durchschnitt. Durch krankheitsbedingte Ausfälle entstehen Lücken im Lebenslauf und erhöhen das Risiko, später keine Stelle zu finden. Immer häufiger landen Betroffene deshalb in der Sozialhilfe. Dies liegt nicht zuletzt an der zunehmend restriktiven Vergabe von IV-Leistungen.
Umgekehrt kann sich Armut negativ auf die Gesundheit auswirken. So haben Menschen mit einem tiefen Einkommen ein bis sechsfach erhöhtes Risiko, an Lungenkrebs zu erkranken, als solche mit ausreichendem Einkommen. Armutsbetroffene leiden häufig unter chronischen Schmerzen, Schlafstörungen, Angstzuständen und Depressionen. Sie leider aber auch verstärkt unter Isolation und Einsamkeit. Die Gründe dafür sind vielfältig. Armutsbetroffene sind häufiger in prekären Arbeitsverhältnissen tätig, sind temporär oder auf Abruf beschäftigt und arbeiten in körperlich und psychisch belastenden Berufen.
Menschen mit tiefen Einkommen leben oft an schlechten Wohnlagen, in anonymen Wohnsilos oder lärmigen Strassen mit wenig Grünflächen. Viele der Armutsbetroffenen können sich weder eine gesunde Ernährung noch Sport oder medizinische Behandlungen leisten. Ungesunde Ernährung und erhöhter Stress aufgrund von Geldsorgen verschlechtern nachweislich die Gesundheit. Damit sinken auch die Chancen auf dem Arbeitsmarkt, wodurch sich die prekäre Situation weiter verschärft. Krankheit und Armut gehen zu oft Hand in Hand – ein Teufelskreis.
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Vielfältige Hilfe
- Die Caritas Bern ist Anwältin für Armutsbetroffene. Sie sensibilisiert die Bevölkerung und Politik auf vielfältige Weise, damit armutsbetroffene Menschen nicht vergessen gehen.
- Die Caritas-Märkte Bern, Biel und Thun ermöglichen es, dass sich armutsbetroffene Menschen gesunde Lebensmittel für eine ausgewogene Ernährung leisten können. Das stark vergünstigte Sortiment umfasst neben Frischprodukten wie Gemüse und Früchten auch Grundnahrungsmittel, Hygieneartikel und Haushaltswaren.
- Mit der Kulturlegi erhalten Menschen mit einem schmalen Budget bis zu 70 Prozent Rabatt bei kulturellen Veranstaltungen sowie für Sport-, Bildungs- und Freizeitangebote. Dies ermöglicht Armutsbetroffenen, auch mit wenig Geld am sozialen Leben teilzuhaben.
- «Mit mir»-Patenschaften vermitteln Kindern, die aufgrund ihrer Herkunft oder durch Armut benachteiligt sind, eine zusätzliche Bezugsperson. Diese freiwilligen Patinnen und Paten verbringen regelmässig ihre Freizeit mit den Kindern und begleiten sie so ein Stück auf ihrem nicht immer einfachen Lebensweg.Vielen Dank an alle, die das Auffangnetz der Caritas Bern möglich machen!
Spendenkonto: 30-24794-2
Weitere Infos: www.caritas-bern.ch
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