Sandra Ruppli (1977); Theologie- und Judaistikstudentin an der Universität Luzern, Anwalts- und Notariatssekretärin.
Wenn der Giftpfeil des Neids....
Sandra Ruppli
Da kamen die Männer, die er um die elfte Stunde angeworben hatte, und jeder erhielt einen Denar. Als dann die ersten an der Reihe waren, glaubten sie, mehr zu bekommen. Aber auch sie erhielten nur einen Denar.
Mt 20, 9-10
Bei dieser Bibelstelle geht es für mich darum, dass man nicht neidisch sein soll, sondern man soll damit zufrieden sein, was man selbst für einen Lohn erhält. Denn die ersten Arbeiter bekommen den Lohn, den sie mit dem Gutsbesitzer vereinbart hatten. Dieses Gleichnis ist nicht einfach anzunehmen.
Es ist schwierig zu verstehen, wieso ein anderer Taglöhner, der nach den ersten Arbeitern angefangen hat, den gleichen Lohn bekommen sollte. Es ist aber nicht an den ersten Arbeitenden, dies zu rügen, da sie den vereinbarten Betrag erhalten. Ich rufe mir diese Bibelstelle immer wieder ins Gedächtnis, wenn der Giftpfeil des Neids sich in mein Herz bohren möchte. Auch versuche ich, sie meinen Mitmenschen näher zu bringen, denn ich denke, dass Neid sich einfach nicht lohnt.
Wieso sollte ich mich aufregen über etwas, das mich gar nichts angeht. In meinen Alltag übertragen heisst das: Es kümmert mich nicht, wenn eine Mitstudentin eine bessere Note bekommen hat als ich. Ich habe meine verdiente Note bekommen und bin mit dieser zufrieden. Es ist nicht an mir, darüber zu urteilen, ob die Note, die meine Kommilitonin erhalten hat, gerechtfertigt ist. Das Leben ist viel angenehmer, wenn man sich nicht darüber beklagen muss, dass der Nachbar sich dies und jenes leisten kann. Ich habe genug in meinem Leben, um mich vollkommen neidlos für alle anderen zu freuen, die bessere Noten erhalten, sich eine grössere Wohnung leisten können, das grössere Auto besitzen. Seit ich gestützt auf diese Bibelstelle bewusst auf Neid «verzichte», bin ich völlig entspannt und im Einklang mit mir und meiner Umwelt.