Kardinal Robert Sarah, 1945 in Ourous (Guinea) geboren, sorgt für Unmut. Foto: kna
Wer ist Kardinal Robert Sarah?
Was verbindet Papst Franziskus mit Robert Sarah, einem der konservativsten Kurienkardinäle?
Er gilt nicht nur im Vatikan als einer der konservativsten Kurienkardinäle und Verfechter einer von der Tradition und Theologie getragenen Kirche. Kardinal Robert Sarah repräsentiert an der römischen Kurie zudem die afrikanische Spiritualität. Auch wenn ihn diese Merkmale als Gegenpart zu Papst Franziskus darstellen, verbinden etliche Anliegen die beiden Kirchenmänner – mehr als man denkt.
von Mario Galgano, Rom
Vieles im Leben des Robert Sarah entspricht nicht den Klischees, die man von Afrikaner*innen hat. Zunächst einmal wuchs er als Einzelkind auf. Er lebte also nicht jenes Familienleben mit vielen Geschwistern, wie man es sich in afrikanischen Familien vorstellt. Das hat wohl auch sein heutiges Familienverständnis geprägt. So beklagte er in einem Redebeitrag zur Bischofssynode im Oktober 2015 die heutigen westlichen Anschauungen über Homosexualität und Abtreibung sowie den islamistischen Fanatismus und verglich sie mit dem Nazi-Faschismus und dem Kommunismus des 20. Jahrhunderts.
Sarah galt auf jener Synode als einer der Wortführer des konservativen Flügels und trat als Sprecher der afrikanischen Bischöfe auf. Er lehnte die Zulassung zur Kommunion von standesamtlich wiederverheirateten Katholik*innen nach bürgerlicher Scheidung sowie die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare ab und plädierte für eine eindeutige Verurteilung der Gender-Theorie. Seither gilt Sarah als einer der Wortführer der Konservativen, die aber im Gegensatz zum US-Kardinal Raymond Leo Burke, der zu den Vertretern der Traditionalisten zählt, in einvernehmlichem Verhältnis zum jetzigen Papst stehen.
Franziskus selbst hält wie Sarah wenig von der Gender-Theorie und prangert immer wieder die Abtreibung an. Auch eine Ausweitung des Eheverständnisses ist kein Anliegen des jetzigen Papstes. Der polnische Pontifex Johannes Paul II. holte Sarah nach Rom, als er den Guineer zum Sekretär der Kongregation für die Evangelisierung der Völker ernannte. Auf diese Weise konnte er im Vatikan das einbringen, was ihm ebenfalls wichtig ist: die afrikanische Spiritualität. Das erkannte auch Papst Benedikt XVI. So berief dieser aus Bayern stammende Papst Robert Sarah 2009 zum Mitglied der Zweiten Afrika-Synode. Papst Franziskus hielt an Sarah fest und berief ihn zum Kardinalpräfekten der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung. Als solcher sieht er sich besonders den Gedanken und liturgischen Initiativen Papst Benedikts XVI. verpflichtet.
Auch Franziskus hat bisher nur Gutes über Sarahs Sakramentenverständnis geäussert, was nicht heisst, dass Franziskus alles gut findet, was Kardinal Sarah sagt. In einem Schreiben von 2017 widersprach Papst Franziskus Kardinal Sarah, der gesagt hatte, dass Bischofskonferenzen keine Kompetenzen bei der Formulierung der liturgischen Texte in den Landessprachen hätten. Ebenfalls für Unmut sorgten zwei Bücher des Guineers. So hatte Sarah im März 2019 die einwanderungsfreundliche Position von Papst Franziskus kritisiert. Dann ist da noch sein jüngstes Buch «Des profondeurs de nos coeurs». Darin spricht sich Sarah gegen die Lockerung des Zölibats aus.
Kommentator*innen interpretierten dies als Abwehrversuch gegen die Auflockerung der Zölibatsregel, wie sie im Oktober 2019 an der Amazonas-Synode gefordert wurde. Das Buch enthält einen Beitrag des emeritierten Papsts Benedikt XVI. Der Verlag erweckte mit Benedikts Bild und Namen auf dem Einband und seiner Unterschrift unter dem Vor- und Nachwort den Eindruck, das ganze Buch sei gemeinsam verfasst worden, was sich als falsch erwies. Im Vatikan geht man davon aus, dass Sarah einem Missverständnis zum Opfer fiel.
Kardinal Robert Sarah wurde 1945 in Guinea geboren. Kommenden Juni wird er 75-jährig seinen altersbedingten Rücktritt einreichen müssen. Es ist derzeit noch offen, ob Franziskus ihn doch noch in seinem bisherigen Amt belassen wird.
Lesen Sie dazu:
Benedikt XVI. ist nicht Co-Autor des Buches von Sarah, pfarrblatt online vom 15. Januar 2020