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Wiederkunft Christi, die –
Verschiedene Deutungen über das Wann und Wie
Den meisten Religionen gemein ist ja, dass sie uns neben vielem anderem etwas über die Zeit erzählen. Religionen, und spezifisch der christliche Glaube, haben immer eine zeitliche Dimension: Es gibt ein Vorne und ein Hinten, einen Anfang und ein Ende der Geschichte. Den Anfang der christlichen Erzählung, der im Buch Genesis festgehalten ist, kennen die meisten. Das Ende aber ist weitaus unbekannter, obwohl wahrscheinlich alle Christ*innen schon einmal von der «Wiederkunft Christi» gehört hat.
Was bedeutet es, dass Jesus wiederkommen soll, am Ende aller Tage? Die grundlegende theologische Argumentation besagt, dass Jesus zu Gott aufgestiegen ist und dort sitzt, jedenfalls im Moment. Irgendwann aber, so hat er es den Jüngern und damit uns allen versprochen, wird er wieder hinabsteigen auf die Erde, und es wird einen Neubeginn geben. Früher meinte man das in einem sehr physischen, diesseitigen Sinn – Jesus werde vom Himmel herabsteigen und zum König der Welt gekrönt, es werde keine Gewalt mehr geben und kein Leid. Heute versteht man die Wiederkunft und die Erlösung der Welt eher metaphysisch, im Sinne der Vollendung – alles, was sich nicht ganz anfühlt, was fehlt, was ungerecht ist, wird berichtigt und ergänzt werden.
Wann das aber passieren soll, darüber sind sich Theolog*innen alles andere als einig. Eng verbunden mit der Wiederkunft Christi wird nämlich die Vorstellung des Millenniums – eines tausendjährigen Reiches, das in der Johannesoffenbarung erwähnt wird und das von Jesus regiert werde. Dieser sogenannte Millenarismus wird von der Katholischen Kirche nur begrenzt vertreten, wenn schon wird diese tausendjährige Zeit eher als symbolische Umschreibung von «sehr lange» gedeutet. Für viele Evangelikale aber ist das Millennium nur allzu greifbar, sind doch Terror, Globalisierung und Seuchen wie Corona überdeutliche Ankündigungen des Weltendes. Vielleicht – und das sei nun pure Spekulation – erwartet uns am Ende des Lockdown also die Wiederkunft Christi.
Sebastian Schafer