Wir lassen das Mammut auferstehen
Vom Wunsch des Menschen, künstlich Leben zu erschaffen. Ein Film, der zum Nachdenken anregt
In der kargen Wildnis der Neusibirischen Inseln suchen Männer jedes Jahr Mammutzähne, die sie auf dem Festland teuer verkaufen können. 2012 wurde ein Mammutkadaver gefunden, der so gut erhalten war, dass russische Forscher seither versuchen, es zu klonen. Der junge Co-Regisseur, Maxim Arbugaev, hat die Schatzjäger begleitet und dabei erfahren, dass in der Welt dieser Männer Mythen lebendig und auch die Natur beseelt ist.
Arbugaevs Erzählstrang ist verbunden mit demjenigen von Christian Frei, der sich ausgehend von der Mammut-Geschichte aufmacht, wissenschaftliche Mythen rund ums Klonen zu erkunden. In den USA, China und Südkorea trifft er Forscher, die nicht nur Genome aufschlüsseln, sondern selbst «schreiben» wollen. Der altbekannte Wunsch des Menschen, in die Schöpfung einzugreifen, nimmt hier ganz neue – und anders als bei Mary Shelleys Frankenstein – äusserst realistische, bisweilen kapitalistische Züge an. Die Korrespondenz zwischen den zwei Filmemachern macht die unterschiedlichen Ziele der beteiligten Wissenschaftler deutlich: die russischen Forscher würden gerne ausgestorbene Tier – wie das Mammut – durch modernste Bio- und Gentechnik «re-animieren», die anderen denken bereits an die Optimierung und Kontrolle menschlichen Lebens.
Der Film balanciert geschickt zwischen Tradition und Moderne, zwischen Realität und Zukunftsvision und begegnet dem Wunsch des Menschen, künstlich Leben zu erschaffen mit ethischen Bedenken. Ein Film, der zum Nachdenken anregt.
Natalie Fritz, Religionswissenschaftlerin und Redaktorin Medientipp
Infos: «Genesis 2.0»; Schweiz 2018, Regie: Maxim Arbugaev; Christian Frei; Filmwebsite
Ab 8. November im Kino