Religion vermitteln und erfahren gehört für Livia Zwahlen zusammen. Foto: Ruben Sprich
«Wir orientieren uns an der Lebenswelt der Jugendlichen»
Livia Zwahlen, Katechetin in der Pfarrei Guthirt
Die Katechetin Livia Zwahlen hat den neuen Lehrplan für den Religionsunterricht in der Pfarrei Guthirt massgeblich geprägt. Sie erklärt, wie der Fokus auf kompetenzorientiertes Lernen umgesetzt werden kann.
Von Luca D'Alessandro
«Wir bieten Jugendlichen einen Garten, in dem sie sich mit ihrem Vorwissen und den bereits erworbenen Kompetenzen frei bewegen und ihren Zugang zur Spiritualität erkunden können», sagt Livia Zwahlen. Die ausgebildete Primarlehrerin, Katechetin und Transaktionsanalytikerin leitet das pädagogische Team der Pfarrei Guthirt, der die Gemeinden Ostermundigen, Bolligen, Ittigen und Stettlen angeschlossen sind.
Ihre Arbeit basiert auf dem «LeRUKa», dem Lehrplan für den römisch-katholischen konfessionellen Religionsunterricht und die Katechese, der 2017 in der Deutschschweiz und von ihrer Vorgängerin dann auch in ihrer Pfarrei eingeführt wurde. Als Leitfaden für die Umsetzung gilt es, den Schüler:innen sogenannte Kompetenzen zu vermitteln, wie zum Beispiel «Identität entwickeln», «Religiöse Ausdrucksfähigkeit erwerben» und «Christliche Werte vertreten».
Grosser Gestaltungsspielraum
Der neue Lehrplan gibt den Katechet:innen Gestaltungsspielraum, «der sich durch alle Stufen hindurchzieht und sowohl uns als auch den Schülerinnen und Schülern allerhand Inspiration bietet», sagt Livia Zwahlen. «Natürlich geben wir zu Beginn die Inhalte mehrheitlich vor, indem wir die Schülerinnen und Schüler an klassische Themen wie biblische Geschichten, die Sakramente der Erstkommunion, Versöhnung oder Firmung heranführen.»
Im selben Zug sollen sie aber auch Religion erfahren, eigene Fragen stellen und ihren Interessen nachgehen können. Folglich können sie in der 7. bis 9. Klasse aus einem breiten Angebot wählen. Die anderthalbtägigen Kurse behandeln zum Beispiel die Themen Tod und Sterben, soziale Gerechtigkeit oder Rassismus. Sie werden jeweils zu Beginn eines Schuljahrs von den Katechet:innen entworfen. «Dabei orientieren wir uns zuerst an der Lebenswelt der Jugendlichen – schliesslich sollen sie etwas für ihren Alltag mitnehmen können.»
Gute Grundausbildung
Neben dem Lehrplan und den Interessen der Schüler:innen möchten die Katechet:innen auch die Erwartungen der Eltern an den Religionsunterricht kennen. Die Anliegen sind unterschiedlicher Natur, und Livia Zwahlen stellt fest, dass «manche Eltern mir gegenüber kommunizieren, selbst etwas weit weg von religiösen Themen zu stehen und daher froh sind, wenn ihre Kinder in Sachen Religion eine gute Grundausbildung erhalten.»
Vielfach gehe es ihnen und den Kindern um die Bedeutung des Christentums im Allgemeinen. In der Oberstufe würden dann auch Fragen über den Katholizismus sowie über Religion im kulturellen und gesellschaftlichen Kontext gestellt.
Intergenerationeller Dialog
Diese Neugier von Kindern und Erwachsenen erhält auch bei den im Mai neu lancierten «Themensonntagen» genug Raum. Einmal pro Schuljahr treffen sich alle Familien mit den Schüler:innen der 4. bis 9. Klasse zu einem reichen Tagesprogramm mit Gottesdienst, Ateliers und fröhlichem Beisammensein. Dank mehrerer anwesenden Generationen sind angeregte Diskussionen garantiert.
«Alles ist möglich dem, der glaubt (Mk 9,23)» war das Motto der letzten Veranstaltungen. «Sie waren gut besucht und stiessen auf Anklang. Das motiviert uns, im kommenden Schuljahr weitere Themensonntage zu initiieren.» Denn das Potenzial sei noch nicht ausgeschöpft, weiss Livia Zwahlen. «Wir können uns vorstellen, das Gefäss des Themensonntags auf einen grösseren Kreis von Teilnehmenden auszuweiten, etwa auf Seniorinnen und Senioren, die nicht direkt mit den Familien eine Verbindung haben.» Womit diese angesprochen werden könnten, ist gegenwärtig offen. «Wie bisher werden wir gemeinsam mit Freiwilligen die Themenauswahl treffen – so macht es allen am meisten Freude.»