Die Liturgie sei kein Experimentierfeld für persönliche Vorhaben, ermahnen die Bischöfe. Nur ein Priester dürfe der Eucharistie vorstehen. / Symbolfoto: Harald Oppitz/KNA
Wirbel um ein Schreiben der Bischöfe
Mit einem Kommentar von Ute Knirim
Wer nicht zum Priester geweiht ist, darf keine Sakramente spenden, besagt das Kirchenrecht. In einem Brief rufen die Bischöfe von Basel, St. Gallen und Chur dies in Erinnerung.
von Sylvia Stam
Im Januar haben die Bischöfe Felix Gmür (Basel), Joseph Bonnemain (Chur) und Markus Büchel (St. Gallen) einen Brief «an die Schwestern und Brüder in der Seelsorge» verschickt. Darin erinnern sie diese daran, dass nur Priester Sakramente spenden dürfen, insbesondere die Eucharistie (siehe Kommentar). Hintergrund des Schreibens ist eine Eucharistiefeier in Effretikon, bei der eine Seelsorgerin das Hochgebet mitgesprochen hatte, und die Aussage einer St. Galler Seelsorgerin gegenüber SRF, sie habe Sakramente gefeiert.
Die Bischöfe hätten «besorgte Anfragen und Rückmeldungen» erhalten, heisst es in ihrem Brief. Das Schreiben der drei Bischöfe hat heftige Kritik ausgelöst und wurde von kath.ch als «Rüffel-Brief» bezeichnet. Der Bischof des Bistums Basel und Präsident der Schweizer Bischofskonferenz Felix Gmür verteidigte den Brief gegenüber kath.ch als «eine Ermutigung an alle Seelsorgenden, sich mit grosser Freude im christlichen Dienst zu engagieren». Er zeigte sich ernüchtert, dass niemand über das theologische Argument nachdenke, «dass die römisch- katholische Kirche als Glaubensregel daran festhält, dass es für die Spendung der Sakramente den Priester braucht», sagte er am Dreikönigsapéro von kath.ch.
Aus dem Liturgie-Brief der Deutschschweizer Bischöfe «zum neuen Jahr»
«Die Gläubigen haben ein Recht auf Gottesdienste, die den Regeln und Formen der Kirche folgen. Die inkulturierte, aber in ihren Grundformen einheitliche Liturgie ist ein Schatz unserer Kirche, der den Gläubigen, besonders auch den Migrantinnen und Migranten, weltweit Heimat gibt. Wir rufen deshalb nachdrücklich in Erinnerung, dass die liturgischen Formen und Regeln auch in unserem Land gemäss den Bestimmungen der Bischöfe gelten. (…) Sie alle wissen, dass nur der Priester gültig der Eucharistie vorsteht, sakramentale Versöhnung zuspricht und die Krankensalbung spendet. (…) Diese römisch-katholische Glaubensregel gilt es auch in unseren Bistümern uneingeschränkt zu respektieren. (…) Wir hören die Fragen vieler, sich in der Liturgie anders beteiligen zu können, etwa als Frau. Wir hören das Anliegen um eine angemessene Sprache und schätzen Ihre Sorge um eine gute Sprache in der Liturgie. Dennoch bitten wir Sie nachdrücklich darum, das Zeichen der Einheit, die Liturgie, nicht zum Experimentierfeld persönlicher Vorhaben zu machen.»
Kommentar
«Ermutigung braucht Vertrauen»
Wie klingt Ermutigung? Diese Frage stellt die Berner Seelsorgerin Ute Knirim in einem Kommentar zum Brief der drei Bischöfe.
Alle Theolog:innen der Bistümer Basel, St. Gallen und Chur haben zum neuen Jahr von ihren Bischöfen einen Brief bekommen. Gemäss Bischof Gmür war es eine «Ermutigung». Auf mich hat der Brief nicht ermutigend gewirkt. Wie kann man auf der einen Seite von synodalem Weg und Ganz-Ohr-Sein sprechen, gleichzeitig die vielfältigen Berufungen der Adressat:innen, ihr seelsorgliches, sakramentales Wirken ignorieren und sie stattdessen daran erinnern, dass nur ein Priester gültig und erlaubterweise die Eucharistie feiert?
Ermutigt hat mich viel eher der Austausch mit Berufskolleg:innen: «Welche Erfahrungen hast du gemacht beim Taufgespräch, beim Seelsorgegespräch?» «Wie ist es dir gegangen im Spital am Sterbebett und mit den Angehörigen?» «Wie gestaltest du eine Krankensegnung?» Immer sind es Glaubensgespräche. Und immer geht es darum, unsere Berufung und die Gläubigen ernst zu nehmen.
Ich sage klar, dass ich offiziell keine Krankensalbung spenden darf. Umso schöner ist es, wenn die Angehörigen trotzdem wollen, das ich komme. Das Krankenöl ist für die Kranken da, nicht für die Priester. Ich werde es den Sterbenden nicht vorenthalten und nicht ersetzen. «Wir konnten mit unserer Mutter beten und singen, auch, als du nicht mehr dabei warst.» – «Danke für die Taufe. Wir wussten gar nicht, was die Zeichen bedeuten. Das hat uns vorher keiner erklärt.» – «Wenn du am Altar betest, dann betest du und liest nicht einfach ab.» So klingt Ermutigung.
Unser Reden von Gott ist «stammelnd» und Gott eher unähnlich als ähnlich. Natürlich braucht es Regeln in der Liturgie. Aber es braucht vor allem Liturg:innen, die vom Evangelium begeistert sind und die sich mit ganzer Seele, ganzem Herzen und ganzer Kraft nach der Gegenwart Jesu Christi sehnen. «Christusdurchlässigkeit» nenne ich das.
Es braucht eine hoffende und das Geheimnis Gottes wahrende liturgische Sprache, die fern jeder patriarchalen Engführung dankt, lobt, bittet. Darauf haben die Gläubigen ein Recht. Von einem Ermutigungsbrief erwarte ich, dass der Absender ermutigt ist und zuversichtlich klingt. Spürbares Vertrauen in die Adressat:innen und Offenheit dafür, sich von der heiligen Geistkraft überraschen zu lassen, auch wenn sie so ganz andere Wege geht als die festgeschriebenen. Es nützt nichts, um den Spagat zu wissen, dem Theolog:innen tagtäglich ausgesetzt sind. Es geht darum, diesen Spagat auf dem gemeinsamen Weg (syn-odal) zu überwinden, damit eine glaubwürdige Kirche umfassender Gleichwertigkeit möglich wird.