Endlose Freiheit. Foto: goofy911/photocase.de
Wüstenerfahrungen
Aufgeben und bereuen, hinter sich lassen und zurück wollen. Die Geschichte der Israeliten in der Wüste enthält eine Erfahrung, die jeder von uns macht.
Gedanken zum Evangelium, das am Sonntag, 19. März, in den Gottesdiensten gelesen wird: Ex 17,3–7
Von Josef Imbach, Theologe und Autor
Jahrzehntelang hat das Volk Israel unter den ihm vom Pharao auferlegten Fronlasten geseufzt und sein Dasein verflucht. Als dieser es endlich auswandern lässt, führt der Weg zuerst einmal durch die Wüste. Die Nahrung wird knapp. Und schon kippt die Stimmung. «In Ägypten hatten wir wenigstens genug Brot und Fleisch» (Exodus 16,3). Wenig später, als Wassermangel droht, bedroht das Volk Mose: «Warum hast du uns überhaupt hierhergeführt» (Exodus 17,3).
Wird hier nicht exakt das geschildert, was sich weltweit und seit Jahrhunderten wieder und wieder ereignet? Da ist beispielsweise eine Frau, die hat bloss geheiratet, um der Enge ihres Elternhauses zu entfliehen, in der Meinung, so das kleinere Übel zu wählen. Die Ehe scheitert, unter anderem auch, weil ihr Ehepartner sich als gewalttätiger und gefühlloser Mensch entpuppt. Oder da ist ein Mann, der ist seiner Partnerin hörig. Die droht ständig damit, die Beziehung abzubrechen, wenn sie nicht sofort bekommt, was sie will. Irgendwann hat der Mann genug. Und geht.
Wir brauchen jetzt nur an die Geschichte vom Auszug der Israeliten aus Ägypten zu denken, und schon ahnen wir, was in den beiden vorgehen könnte. Im ersten Moment werden sie aufatmen und sich fragen, wie sie es bloss geschafft haben, die unerträgliche Situation so lange auszuhalten. Aber schon nach wenigen Tagen oder Wochen sind sie sich nicht mehr so sicher, richtig gehandelt zu haben. Jetzt, da sie allein und ohne Partner oder Partnerin sind, fühlen sie sich immer öfter einsam. Vielleicht hätte man ja den Partner mit etwas mehr Geduld dazu gebracht, sich zu ändern. Und irgendwann taucht da eine Frage auf, von der man zwar weiss, dass sie gefährlich ist: War das Zusammensein denn wirklich so schlimm?
Das Volk Israel musste lernen, dass es seine Freiheit nicht schon mit dem Aufbruch aus Ägypten erlangte, sondern dass der Weg dahin so manche Wüstenerfahrungen und Durststrecken beinhaltete.