Zehn Schulklassen und ihre eigene Radiostation: ein umfunktionierter Bauwagen. Foto: zVg
Wunschkonzerte fürs Aaretal
Schulklassen machen Radio im Bauwagen
AareFunk heisst das Projekt der ökumenischen Jugendarbeit echo in Münsingen unter der Leitung des Sozialpädagogen Pierino Niklaus (34). Zehn Schulklassen aus dem Raum Münsingen beteiligen sich daran und betreiben vom 3. bis 17. Juni 2023, jeweils abends, ihre eigene Radiostation. Das Studio: ein umfunktionierter, blaugelber Bauwagen.
von Luca D'Alessandro
In der ersten Junihälfte wird der Dorfkern von Münsingen von Schüler:innen der Oberstufe in Beschlag genommen. Von einem mobilen Radiostudio aus senden sie an rund drei Stunden pro Tag auf der Frequenz von 90.6 MHz ihr Radioprogramm. Die Inhalte sind frei gewählt und so vielfältig, wie die Interessen der Schüler:innen selbst. Es alternieren sich Strassenumfragen, Musik- und Wortbeiträge. Im Fokus stehen die Berufswahl, YouTuber, Frauenfussball, E-Sports, Schweizer Rap oder Frauenstreik. Ausserdem stehen eine 1980er-Musiksendung, Wunschkonzerte, eine Quizsendung sowie Auftritte von Elderflower, Solax, SPAN und Peter Reber auf dem Programm.
Anerkannte Jugendarbeit
Initiiert hat AareFunk Pierino Niklaus von der ökumenischen Jugendarbeit echo in Münsingen. Diese richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 18 Jahren. Gemäss Leitbild will echo Jugendliche auf dem Weg zu selbstständigen, verantwortungsbewussten und kritischen jungen Erwachsenen begleiten und aufzeigen, dass die Kirche ein Raum ist, in dem sie einen Platz haben und akzeptiert sind. Als Anerkennung dieses Engagements – besonders auch während der Einschränkungen der Coronazeit – durfte echo letztes Jahr den Kulturpreis der Einwohnergemeinde Münsingen entgegennehmen.
Doch zurück zum AareFunk-Projekt: Für die technische Umsetzung hat echo den Verein Radio Bern RaBe beauftragt. Nebst technischer Infrastruktur bietet RaBe das Netzwerk und eine geeignete Trainings-Studioinfrastruktur in der Berner Lorraine. «Das sind beste Voraussetzungen für die Einführung ins Radiohandwerk», so Pierino Niklaus. Gecoacht werden die Schüler:innen von Mitarbeitenden der Zürcher Radioschule klipp+klang, den eigenen Lehrpersonen und einem Kernteam bestehend aus 22 Jugendlichen von echo. Letztes betreut den Betrieb während der Sendezeiten und stellt den reibungslosen Ablauf sicher.
«Es kommt gut»
Die 15-jährige Lenia Sterchi ist Teil dieses Kernteams. Die Mitarbeit in der motivierten Gruppe macht ihr grossen Spass. «Wir haben es gut zusammen, sind ein eingespieltes Team und geniessen die Zusammenarbeit», sagt sie und fügt hinzu: «Wir haben auf etwas hingearbeitet und können uns sicher sein, dass es gut kommt – das motiviert mich.»
Auf die Besuche von prominenten Musikschaffenden sowie auf die Spezialbeiträge zum Frauenstreik vom 14. Juni freut sie sich besonders. Als Vorbereitung haben die Schüler:innen verschiedene Stimmen im Rahmen einer Strassenumfrage eingesammelt und Fragen zur Einführung des Frauenstimm- und Wahlrechts in der Schweiz und in anderen Ländern gestellt.
Auf UKW und im Netz
Die Liveübertragungen finden auf dem Münsinger Dorfplatz statt. Dieser wurde von der Gemeinde zur Zwischennutzung freigegeben, bevor er im Zuge des Projekts «Üses Dorfzentrum» komplett erneuert wird. Der Sende-Bauwagen ist mit einer UKW-Antenne verbunden, die auf dem nahegelegenen Kirchturm postiert wird. Das Worber Internetportal BERN-OST hostet im Sinne einer Medienpartnerschaft den Livestream. Als weiteres Sendegefäss dient die Webseite von AareFunk.
Bedürfnisorientiert und partizipativ
«Wir sind gespannt auf die Resonanz dieser vorerst einmaligen Initiative», sagt Pierino Niklaus. Einmalig deshalb, weil gegenwärtig nicht klar ist, ob sich nach der Zwischennutzungsphase ein Projekt in der gleichen Grössenordnung wieder auf die Beine stellen lässt. Der Grund: Neben der Finanzierung, die auf Spenden und Partnerschaften beruht, ist echo auf die intensive und breite Mitwirkung der Jugendlichen angewiesen. «Wir arbeiten bedürfnisorientiert und partizipativ, sprich: Die Jugendlichen der Kerngruppe sind bereits bei der Projektplanung involviert.» Das sei zeit- und ressourcenintensiv, weshalb andere Angebote und Projekte hintenanstehen müssten. «Ich vermute, dass der Mitwirkungsgrad bei einer Wiederholung geringer wäre. Wir von der Jugendarbeit wissen aus Erfahrung, dass sich einmalige, punktuelle Projekte mit Pioniercharakter am besten eignen», sagt Pierino Niklaus.
Für die Mobilisierung der Klassen galt es, Überzeugungsarbeit zu leisten, bestehende Pläne aufzubrechen und die Beteiligten von der Sinnhaftigkeit des Jugendradios zu überzeugen. «Das ist uns gelungen. Wir sind bereit, die Segel gesetzt und die Schülerinnen und Schüler voller Stolz und Vorfreude.»
AareFunk – Jugendradio Münsingen
- Das Jugendradio geht vom 3. bis 17. Juni 2023, jeweils von 17 bis 20 Uhr, auf 90.6 MHz live auf Sendung
- Verbreitungsgebiet: Münsingen und Aaretal
- Beteiligt sind Schulklassen aus den Schulzentren Rebacker und Schlossmatt, die Musikschule Aaretal sowie Schüler:innen der Privatschulen Montessori und SAAT
- Konzerthighlights: Elderflower, Solax, Span und Peter Reber
- Organisation: ökumenische Jugendarbeit echo, Münsingen
- AareFunk ist für den reibungslosen Betrieb auf Sponsoren und Spenden angewiesen. Informationen dazu gibt es unter: aarefunk.ch/sponsoren
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