Das purpurfarbene Schultertuch zeichnet die Domherren aus. Foto: Pia Neuenschwander

Bistum Basel verzichtet auf Feier für umstrittenen Ehrendomherrn

Dem früheren Untersuchungsleiter des Bistums Basel werden gravierende Fehler in einem Missbrauchsfall vorgeworfen. Dennoch wurde er Ehrendomherr. Nach Kritik aus den Medien verzichtet das Bistum nun auf eine Feier zu diesem Anlass.

 


Sylvia Stam

Im Bistum Basel ist es üblich, dass Domherren nach ihrem Ausscheiden aus dem Kapitel in einer Feier als Ehrendomherren begrüsst werden. Im Fall des früheren Untersuchungsleiters (Offizial) des Bistums verzichtet der Bischof nun auf die feierliche Würdigung, die für den 27. Februar 2025 angekündigt war. Der Grund: Dem früheren Offizial werden gravierende Fehler bei der Untersuchung eines Missbrauchsfalls vorgeworfen. 

Für das Bistum waren die Vorwürfe ursprünglich kein Grund, auf die Feier zu verzichten. Die Ernennung sei ein Automatismus, der nichts mit einer Beförderung zu tun habe, hiess es im vergangenen Herbst aus dem Bistum. Doch der Reihe nach.

Rüge aus Rom

Im Juli letzten Jahres gab das Bistum Basel Veränderungen im Domkapitel bekannt. Darin wurde auch die Ernennung des frühren Untersuchungsleiters des Bistums zum Ehrendomherrn erwähnt. Besagter Kirchenjurist steht wegen seines Agierens im Missbrauchsfall «Denise Nussbaumer»* (Pseudonym) in der Kritik. Die Zeitschrift «Beobachter» machte den Fall im August 2023 publik, wenige Wochen vor der Publikation der gesamtschweizerischen Missbrauchstudie. 

Die Aufdeckung durch den «Beobachter» zeigte massive Mängel in der kirchenrechtlichen Handhabung des Falls. Im Zentrum stand der Offizial, der den Fall juristisch falsch gehandhabt hatte, wie internationale Kirchenrechtler seither bestätigten. Bischof Felix Gmür wurde als Verantwortungsträger für die Vorgänge im Bistum im März 2024 von Rom offiziell gerügt.

Bistum spricht von Automatismus

Trotz alledem hielt das Bistum zunächst an der Ernennung des früheren Offizials fest. Diese sollte am 26. Februar im Rahmen der Installation neuer Domherren gefeiert werden, wie das Bistum im Juli 2024 ankündigte. Gegenüber dem «Beobachter» sagte das Bistum, es handle sich nicht um eine Beförderung, ein Domherr werde nach seinem Rücktritt automatisch Ehrendomherr. 

Für die Betroffene «Denise Nussbaumer» war die Ankündigung dennoch  «ein Schlag ins Gesicht. Da bekommt jemand einen Ehrentitel verliehen, der nachweislich grobe, ja - dilettantische Verfahrensfehler gemacht hat», sagte sie im Interview mit dem «pfarrblatt» im September 2024. Der Schritt des Bistums wurde in diversen Medien diskutiert. 

Bistum krebst zurück

Gemäss dem Luzerner Juristen Loris Maindardi liegt es im Ermessen des Bischofs, einen Ehrendomherrn zu ernennen oder nicht. Im Kapitelstatut heisse es: «In aller Regel wird diese Ehre zurückgetretenen Domherren zuteil.» Das sei «rechtlich eine klare Ermessenseinräumung», sagte er gegenüber kath.ch. Diesen Ermessensspielraum hat das Bistum nicht genutzt. Der Betreffende sei per Ende 2024 «automatisch» Ehrendomherr geworden, teilt das Bistum auf erneute Nachfrage des «pfarrblatt» mit. 

Bistums-Sprecherin Barbara Melzl bestätigte allerdings, dass das Bistum entgegen der eigenen Ankündigung nun doch darauf verzichtet, dies im Rahmen der Domherreninstallation zu feiern. So ist der Name des früheren Offizials auch nicht mehr in den offiziellen Ankündigungen zur Domherreninstallation aufgeführt. Eine Begründung hierfür gibt das Bistum nicht. Es ist anzunehmen, dass der mediale Druck dabei eine Rolle gespielt hat. Der neue Ehrendomherr selbst möchte auf Anfrage nicht Stellung nehmen. 

Betroffene: «Gute Nachrichten»

«Für mich sind das gute Nachrichten», sagt «Denise Nussbaumer» gegenüber dem «pfarrblatt». «Ich freue mich, dass der mediale Druck beim Bistum zu einem Umdenken geführt hat. Es ist wichtig, dass auch bei der katholischen Kirche Fehlverhalten, wie hier im Falle des Offizials, Konsequenzen hat, und dass Automatismen nicht einfach als solche durchgezogen werden.»

Im August 2023 hatte die Zeitschrift «Beobachter» publik gemacht, dass «Denise Nussbaumer» in den 1990er Jahren als Minderjährige von einem Priester missbraucht worden war. Erst auf Druck des «Beobachters» meldete Bischof Felix Gmür den Fall nach Rom, was ihm eine Rüge des Vatikans eintrug. Ausserdem hatte er Tagebuchnotizen der Betroffenen dem mutmasslichen Täter zukommen lassen. Bischof Felix Gmür hat sich für diese Fehler inzwischen entschuldigt. Für den zuständigen Untersuchungsleiter und Domherrn hatte der Fall keine Konsequenzen.

*Denise Nussbaumer ist ein Pseudonym, das seit der Publikwerdung des Falls durch den «Beobachter» verwendet wird. Der wahre Name der Person ist der Redaktion bekannt.